Natürlich versteht man, dass die Künstler zermürbt und verzweifelt sind. Wenn sie das Gefühl haben, nicht gehört zu werden, mit ihren existenziellen Sorgen allein zu sein. Ihr Tratschpartner nimmt sich daher vor, über diesen 27. März zu berichten – als Zeichen der Solidarität.
Andererseits bekennt er ein, das Jammern nicht immer nachvollziehen zu können. Denn er ist – vielleicht irrigerweise – der Meinung, dass der Bund nach einer Phase der Schocklähmung doch eine respektable Zahl an Maßnahmen gesetzt hat. Dass die Pandemie grassiert, kann man ja nicht ernsthaft Andrea Mayer, der Kulturstaatssekretärin, anlasten.
In Deutschland jedenfalls blickt man neidvoll nach Österreich. Stephan Behrmann, Sprecher der Allianz der Freien Künste, analysierte unter dem Titel „Rasender Stillstand“ unlängst den „ermüdenden Mahlstrom“: Förder-Dschungel durchforsten, eigene Umsätze berechnen, mit Außenständen jonglieren, die Steuerberateraterin konsultieren, die Künstlersozialkasse kontaktieren, mit Interessenvertretungen sprechen, Anträge stellen, auf Geld warten, mit Sorge vor Rückforderungen leben, Geld zurücklegen oder lieber nicht zurücklegen, nochmals Beratung suchen, widersprüchliche Auskünfte erhalten, Nebenjobs organisieren, parallel die Kinder betreuen „und alles wieder von vorne“.
Das Zermürbende habe am Ende wenig mit der Pandemie selbst zu tun, sondern mit einem viel zu komplizierten Apparat: „Die überbordende Bürokratie der Corona-Hilfen ist eine gigantische Vernichtungsmaschine für Zeit, Energie und Zuversicht.“ Die Politik sei inzwischen durchaus zugänglich, es gebe viel ehrliches Bemühen. „Aber all das mündet nie in Vereinfachung, sondern immer in einer noch weiteren Verkomplizierung.“ Es brauche daher Hilfen, „die grundsätzlich von der Praxis ausgehen und nicht von den Haushaltsordnungen“.
Felix Austria habe es vorgemacht: „Die Bürokratie war und ist überschaubar. Es wurden vergleichsweise schnell hohe Pauschalsummen ausgereicht. Die Kunstschaffenden haben von Anfang an Klarheit, wie lange sie mit der Pauschalsumme über die Runden kommen müssen.“ Zusammengefasst: „Das österreichische System ist einfach, wirksam und es erzeugt Zuversicht.“
Kaup-Hasler gegen weitere Arbeitsstipendien
Sind die Maßnahmen der Regierung echt so gut? Veronica Kaup-Hasler, Wiener Kulturstadträtin, bestätigt dies indirekt in einem Brief. Denn die Grünen brachten, unterstützt von der ÖVP, den Antrag ein, die im Vorjahr von allen beschlossenen Arbeitsstipendien weiterzuführen. Doch Kaup-Hasler ist dagegen. Ihre Begründung:
„Mittlerweile hat der Bund unterschiedliche Hilfsmaßnahmen auf den Weg gebracht, die auch einzelnen Künstlerinnen und Künstlern die Möglichkeit zur Einreichung bieten und deren Einnahmenausfälle teilweise kompensieren. Aus Sicht der Geschäftsgruppe Kultur (= MA7, Anm.) ist daher zum aktuellen Zeitpunkt eine derartige Sofortmaßnahme – wie im Jahr 2020 – nicht notwendig, zumal die Förderungen der MA7 auch nicht mit Sozialleistungen verwechselt werden dürfen.“
Diese Begründung muss man auf sich wirken lassen. Sie stammt tatsächlich von einer der Sozialdemokratie nahestehenden Politikerin.
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