Die Kunst des Bananenverzehrs

Klaus Maria Brandauers Krapp blickt auf sein  Gestern zurück
Becketts Existenz-Monolog mit Klaus Maria Brandauer im Akademietheater.

Ein Stück über die Quintessenz des Lebens, ein Schauspieler und ein Regisseur, die dies mit großer Geste zu inszenieren vermögen und ein Publikum, das offenbar gesundheitlich schwer angeschlagen war: Die Kurzzusammenfassung des Gastspiels "Das letzte Band", Sonntag im Akademietheater.

Samuel Becketts 1958 uraufgeführtes Stück erzählt die Geschichte eines alten Mannes, Krapp, der sich auf Tonband – "Schachtel drei, Band fünf" – anhört, wie er dreißig Jahre zuvor Resümee über sein Leben gezogen hat. Damals war er Ende dreißig und fragte sich, ob denn die besten Momente bereits vorbei seien. Jetzt, mit Ende sechzig, weiß er es bestimmt. Das Stück setzt sich, wie Becketts gesamtes Werk, mit der Endlichkeit der Existenz auseinander. Für jene, die nur an das Diesseits glauben, eine brutale Sache. Beckett, protestantisch erzogen, hat sich früh vom Glauben distanziert.

Die Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit ist ohne Glaubens-Krücke eigentlich nur mit absurdem Humor erträglich und so blickt Krapp als dicker Clown scheinbar unsentimental auf sein Leben zurück. Bei der Uraufführung dieses 75-minütigen Monologs trug er noch Clownsnase, später schrieb Beckett sie wieder weg. Regisseur Peter Stein hat sie bei seiner Neuinszenierung 2013 andeutungsweise erneut hervorgeholt: Klaus Maria Brandauer trägt als Krapp eine knollige Säufernase.

Neben der Nase variiert bei jeder Inszenierung das berühmte, von Beckett vorgeschriebene Bananenverzehren. Hier wird es zelebriert, die halbe Banane, einem Schnabel gleich, vor sich hergetragen und anschließend in den dicken Clownskörper hineingestopft. Dieser Krapp schmatzt und krächzt sich mögliche Sehnsucht nach gestern fort. Brandauer holt das Große aus dem Geringen. Seine Gesten sind schweigend ins Gespräch vertieft. Auf der ersten Bananenschale rutscht er aus, die zweite schmeißt er nonchalant ins Publikum. Boshaft, auch der eigenen Vergangenheit gegenüber. Schmatzen, rülpsen, röcheln ist alles, was er dafür übrig hat. Und sich die Lunge aus dem Leibe husten.

Parallel zum Publikum, das, kaum wurde es dämmrig im Saal, dieses zart-intensive Stück mit einer Geräuschkulisse aus Husten, Handybrummen und Zuckerl-Papierl-Zerknüllen unterlegte.

KURIER-Wertung:

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