Am 6. Jänner 1870 wurde der von Theophil Hansen entworfene Musikverein mit einem Festkonzert eingeweiht; 150 Jahre später knüpfte man an dieses historische Ereignis an. Mit der musikalischen Rekonstruktion des damaligen Eröffnungskonzerts im Goldenen Saal, mit einem Festakt im Brahms-Saal und mit einem Empfang im Gläsernen Saal. Die vielen Gesichter des Hauses waren somit an einem einzigen Vormittag erfahrbar. Viel Prominenz aus Kunst und Kultur, Wirtschaft und Politik, vor allem aber ein treues, enthusiastisches Publikum kam dabei in jeder Hinsicht auf seine Rechnung.
So erinnerte beim Festakt Johannes Stockert – er ist Präsident der Gesellschaft der Musikfreunde – an die Entstehungsgeschichte des Hauses. Danach würdigte Generalsekretär Thomas Angyan in seiner Ansprache den unlängst verstorbenen Mariss Jansons, der das 150-Jahr-Festkonzert eigentlich hätte dirigieren sollen und hob die vielen Aktivitäten in dem Haus. Ja, Tradition sei wichtig, doch komme das Wort bekanntlich vom Lateinischen „tradere“, als „weitergeben“. Der Musikverein möge weiter „ein zukunftsoffenes“ Haus bleiben, so der Ende dieser Saison nach 32 Jahren Abschied nehmende Intendant. Nicht nur mit der Eröffnung der Vier Neuen Säle im Jahr 2004 hat Angyan übrigens etwas Bleibendes geschaffen.
Als „Stimme vom Stehplatz“ erinnerte sich Burg-Doyen Michael Heltau an sein erstes Konzerterlebnis im Musikverein: 18. Mai 1952. Die Wiener Philharmoniker spielten damals unter Bruno Walter Mozart und Mahler mit dem Solisten Julius Patzak und Kathleen Ferrier. Heltau: „Der Kompass war gestellt.“ Für den Musikverein gelte auch ein sinngemäßer Satz Hofmannsthals, so Michael Heltau: „Man hat ja einen Ton miteinander.“ Ähnlich Alt-Bundespräsident Heinz Fischer, der die Musik als „besonderes Segment im menschlichen Leben“ bezeichnete.
Musik gab es naturgemäß auch. Zuerst beim Festakt von Johannes Brahms mit den jungen Pianistinnen Elisabeth Waglechner sowie Sophie Druml, im Goldenen Saal dann mit den Wiener Philharmonikern unter Dirigent Semyon Bychkov. Mit Ludwig van Beethovens Ouvertüre zu „Egmont“ ging es los, es folgte der Chor „Stimmt an die Saiten“ aus Joseph Haydns Oratorium „Die Schöpfung“, bei dem auch der Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde (Leitung: Johannes Prinz) glänzen durfte. Geigerin Anne-Sophie Mutter war der Star bei dem Adagio aus dem „Violinkonzert E-Dur“ von Johann Sebastian Bach; Ausnahmetenor Piotr Beczala sang die berühmte Arie des Belmonte aus („Konstanze, dich wiederzusehen! – o wie ängstlich“ aus MNozarts „Entführung aus dem Serail“ mit unvergleichlicher Bravour. Der Singverein beschloss den ersten Teil, des von ORF III ausgestrahlten Konzerts mit Schuberts „Pax vobiscum“ a capella.
Nach der Pause erklang – nicht dem Beethoven-Jahr 2020, sondern der Haushistorie geschuldet – dessen fünfte Symphonie, bei der Bychkov und die Philharmoniker vor allem auf Effekte setzten. Diese verfehlten ihre Wirkung nicht. Ein gelungenes Jubiläum somit, dem nur der Wunsch Heinz Fischers hinzufügen ist: „Ad multos annos!“
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