Die Katastrophe passiert nicht irgendwo, sie passiert hier bei uns, in Mitteleuropa. Diese Erkenntnis war einer der Ausgangspunkte von Beate Gütschows Arbeit „#K“ – das K steht für Klima. Das Foto Arsenal Wien im Museumsquartier zeigt „#K“, eine Mischung aus dokumentarischen Fotos und tagebuchähnlichen Texten, als Teil einer Doppelausstellung.
Gütschow hat etwa den Widerstand gegen die Räumung des Dorfs Lützerath für den Braunkohle-Abbau in Deutschland begleitet. Man sieht (stets schwarz-weiße) Fotos von Baumhäusern, mit Planen und Hängematte notdürftig „eingerichtet“, mit Transparenten („Klimaaktivismus ist kein Verbrechen“) dekoriert. Man sieht Konstruktionen, die an Wäschespinnen erinnern, die aber Wassernebel versprühen, gegen den Feinstaub vom Kohleabbau in Garzweiler II.
Wie nach einem Angriff
In einem Eintrag erklärt sie, warum gerade hier Klimaaktivisten tätig sind: Um die 1,5 -Grad-Grenze zu erreichen, müsste der Kohleabbau des Unternehmens RWE auf ein Viertel seines bisherigen Outputs schrumpfen. Die Expansion, die zum Abriss von Lützerath führte, lässt schwer daran zweifeln, dass man vorhat, dieses Klimaziel zu erreichen. Man sieht eine Art Ortsschild, auf dem „1,5 Grad-Grenze“ steht. Es gibt noch mehrere solche Schilder rund um das Abbaugebiet, erzählt Gütschow im Beitext. Aber auf denen steht „Betreten verboten“. Manchmal wirken die Bilder fast idyllisch, etwa wenn sich die Demonstranten in einer Allee versammeln. Später dann martialisch, wenn ein Auto mit Stahlträger zur Barrikade umgebaut wird. Gütschow hat schließlich auch die Zerstörung des Ortes fotografiert – es sieht wie nach einem Angriff aus.
Ähnlich im deutschen Ahrtal, in das Gütschow auch wiederholt nach der Flutkatastrophe gereist ist. Hunderte Existenzen, die wieder bei Null anfangen müssen – eingefangen in einem Foto von einem Haufen Hausrat, von Matratzen über Couchteile bis zu einem antiken Tisch. Wenn man genau schaut, sieht man, dass unter all dem ein Container steht, der die Zerstörung allein nicht fassen kann. Dass Menschen sich auch in solchen Situationen das Schöne nicht nehmen lassen, zeigt ein Foto von einer Behelfsbrücke, die mit kleinen Blumenkistln geschmückt ist.
Eine dunkle Poesie hat ein Bild von einem Baum, auf dem ein Wegweiser nach „Schuld“ befestigt ist. Das ist zwar auch einer der Orte, die von der Flut betroffen waren. Bäumen gaben die Anwohner aber auch die „Schuld“ an der Misere: Totholz, das, wie von Naturschützern gefordert, im Hangwald verblieben war, soll von den Regenmassen heruntergespült worden sein und das Wasser vor den Brücken aufgestaut haben. Es ist nicht immer einfach, das Richtige für „die Natur“ zu tun.
Beate Gütschows Schau „Widerstand, Flut, Brand, Widerstand“ ist im Foto Arsenal Wien im Museumsquartier bis 23. Juni zu sehen. Dazu im Dialog steht die Ausstellung „Über den Verlust einer Sprache“ von Laure Winants. Die Belgierin hat im arktischen Polareis unter anderem vor Jahrtausenden gefrorenes Wasser mit Fotopapier reagieren lassen und versucht so, die „Sprache der Gletscher“ zu entziffern.
Dass Gütschow selbst Aktivistin ist, merkt man den Texten an, aber es ist auch transparent ausgeschildert. Natürlich könnte man als ewig Skeptischer hier alle von ihr angegebenen Zahlen nachrecherchieren. Aber die Fotos aus dem Ahrtal sprechen auch so eine deutliche Sprache. Diese Bilder regen jedenfalls zum Nachdenken an. So wie jene Überlegung über die Forderung nach einer konstruktiven, nicht katastrophenfokussierten Klimawandel-Kommunikation, die einmal in Gütschows Texten vorkommt. Sie stellt sich ganz arglos die Frage: „Aber was mit den Katastrophen machen? Sie sind ja da.“
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