Den Auftakt gab ein Auftragswerk an den Franzosen Thierry Escaich. Das in drei nahtlos in einander übergehende Teile gegliederte Violinkonzert „Au-delà du rêve“ („Jenseits des Traumes“) schrieb der Organist der Pariser Kirche Saint-Étienne-du-Mont für seinen Landsmann Renaud Capuçon. Es ist vor allem dem Widmungsträger zu verdanken, dass dieses leicht bekömmliche, halbstündige Opus das hielt, was dessen Schöpfer vorhatte: „das Eintauchen in eine Klangwelt“.
Capuçon spielte dabei seine Virtuosität aus, fesselte mit gekonnten Läufen und betörte mit einer wohligen Weise. Das Orchester bereitete ihm einen vielschichtigen, nie aufdringlichen Klangteppich. Bei Bruckners „Vierter“ in Es-Dur, die „Romantische“ genannt, überraschte Harding mit seiner nahezu analytischen Lesart. Was waren das noch für Zeiten, als Sergiu Celibidache am Pult dieses Orchesters mit seinen Bruckner-Zelebrationen überwältigte! Harding dekonstruierte das Werk, gestaltete die Motive wie einzelne Kapitel und verzichtete auf übertriebene Bombastik.
KURIER-Wertung: Dreieinhalb Sterne
Am zweiten Abend war dieser Dirigent ganz in seinem Element. Da ging er ans Zelebrieren und Inszenieren. Die Tondichtung „Tapiola“ von Jean Sibelius nahm er wie ein klangmalerisches Vorspiel zu Gustav Mahlers „Fünfter“.
Das Trompeten-Solo eröffnete staatstragend. Harding setzte auf dichte, dick aufgetragene Klangfarben, schwere Akzente und ließ mit ruhiger Hand erkennen, wie er diese Symphonie musikalisch in Szene setzte. Verhalten, sehr getragen führte er durch den „Kondukt“, entfachte tosende Stürme und machte deutlich, dass er zu Mahler noch viel zu sagen hat. Das bekannte „Adagietto“ gestaltete er mit einem hohen Maß an Sinnlichkeit. Hervorzuheben ist das famose Horn-Solo von Bertrand Chatenet, der wie alle bejubelt wurde.
KURIER-Wertung: 4 Sterne
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