CocoRosie: Entfremdete Kindheit

CocoRosie: Entfremdete Kindheit
Das Indie-Duo CocoRosie stellt in Wien die neue CD vor.

Wenn ein UFO kommt und du könntest mit ihm fliegen, würdest du gehen? Diese Frage stellten sich Bianca und Sierra Casady bei einem nächtlichen Waldspaziergang. Die Schwestern, bekannt als CocoRosie, stellten in Island ihre neue CD fertig und waren ausgezogen, um das Polarlicht zu sehen.

Sie erlebten eine „traumhafte, mystische Nacht“, über die sie den Song ,Far Away‘ geschrieben haben. Der ist soeben auf dem CocoRosie-Album „Tales Of GrassWidow“ erschienen, das die Casadys am Dienstag im Radiokulturhaus in Wien bei einer FM4-Session live vorstellen. Das Konzert ist nicht öffentlich zugänglich, wird aber am 27. Juni im Rahmen der FM4-Homebase zu hören sein.

Auf das Konzept für „Tales Of A Grasswidow“, auf dem sie einmal mehr aus der Verbindung von Elektronik und akustischen Instrumenten zeitlos schöne Songs geschaffen haben, kamen Bianca und Sierra 2012: Fürs Kremser Donaufestival schrieben sie das Tanzstück „Nightshift“ .

„Das hatte schon ziemlich genau die Erzählung des Albums“, erklärt Bianca im KURIER-Interview. Es geht um ein Kind, das nicht nur von seiner Familie, sondern auch von der Gesellschaft abgelehnt wird und in schwierige Situationen kommt.“

Entfremdung

Auslöser dafür war: Die Schwestern hörten, dass in Indien ein fünfjähriges Mädchen mit einem Erwachsenen verheiratet wurde. „Das hat uns so betroffen, dass wir sofort den Song ,Child Bride‘ geschrieben haben. Und der hat sehr viele persönliche Lieder zu dem Thema nach sich gezogen.“

Denn die wahren Gründe für die Beschäftigung mit Entfremdungsgefühlen in der Kindheit liegt der Geschichte der Schwestern zugrunde: Der Vater war ein amerikanischer Wanderprediger, die Mutter eine Künstlerin, die mit den Kindern häufig umzog. So wurde Sierra in Iowa geboren, Bianca zwei Jahre später in Hawaii. Als Sierra fünf war, ließen sich die Eltern scheiden, mit 14 kam sie ins Internat und zog später nach Paris, um Gesang zu studieren. So waren die Schwestern in der prägenden Teenagerzeit getrennt, sahen einander erst wieder, als Bianca 2003 auf Weltreise ging, Sierra in Paris besuchte und sie CocoRosie gründeten.

„Es gibt vieles in unserer Kindheit, das wir verdrängt haben. Aber wir arbeiten das seit einigen Jahren auf, indem wir uns gegenseitig daran erinnern. Wir waren zwar nicht arm und es gab auch keinen Missbrauch, aber schon wenn andere Kinder bösartig zu dir sind oder du dich bezüglich gewisser Dinge schämst, kann das deine Persönlichkeit verändern.“

Spontan

Dass das Duo gerade in dieser Zeit das Angebot bekam, für die Robert-Wilson-Produktion von „Peter Pan“ am Berliner Ensemble die Musik zu schreiben, war „wunderbares Timing“. Und eine bereichernde Erfahrung: „Wilson ist eine andere Generation, aber er hat eine Jugendlichkeit und Spontaneität, die mitreißend ist.“

Und? Würden die Casadys mit dem UFO mitfliegen? „Unser Vater liebt Aliens und spricht nur darüber. Dadurch ist das für uns uninteressant geworden.“

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