Clubkultur in Wien: "Horst", ein Ende und ein Neuanfang
Jedes Ende hat einen Anfang. Für das "Horst" hat es sogar zwei. Denn Lukas Sticksel und Benjamin Sagan, die beiden Manager des Clubs in der Wiener Innenstadt, arbeiten bereits im Auftrag der Investorengruppe namens wtf-group (wtf steht für „wir tanzen fröhlich“) an zwei Nachfolgeprojekten für die temporäre Diskothek in der Rotgasse 9, die spätestens im Jänner 2020 schließen wird.
Die "Horst"-Betreiber bleiben der Wiener Innenstadt treu und werden bis Jahresende der Albertina Passage und dem Club Schwarzenberg ein neues Leben einhauchen. An beiden Orten wird gerade umgebaut. Neben einer optischen wird es auch eine inhaltliche Neuausrichtung geben, die unterschiedliche Zielgruppen ansprechen soll.
Der KURIER hat mit Lukas Sticksel alias Lük Van Dük und Benjamin Sagan über zweieinhalb Jahre „Horst“, die wirklich letzte Party, neue Konzepte, Neider, den Zustand der Wiener Clubkultur, das bevorstehende Nichtrauchergesetz, mögliche „Tschickschnipser“, ein Backstage-WC für Scooter und das Leben als Club-Manager gesprochen.
KURIER: Kurz vor der Eröffnung des "Horst" vor zweieinhalb Jahren habt Ihr in einem Interview den Eltern vorab ausgerichtet: "Wir entschuldigen uns schon jetzt, was kommen wird." Was ist gekommen?
Benjamin Sagan: Ein paar Familienfeiern mussten wir schon auslassen, weil es in der Früh manchmal ein klein wenig länger ging. Das tut uns leid Mama. Wird sich aber leider auch in nächster Zeit nicht ändern, man muss ja einen Club schließen und jede verbleibende Minute auskosten.
Für was sollte das "Horst" stehen?
Lukas Sticksel: Das änderte sich. Wenn wir an den Anfang zurückdenken, ging es ums nackte Überleben. Danach hat sich daraus ohne große Planung ein Ort etabliert, der sich für die unterschiedlichsten Charaktere und deren Ansprüche ausging. Wir haben unabsichtlich eine Brücke zwischen Mainstream und Underground geschlagen.
Für was ist das "Horst" nicht gestanden? Was ist nicht gelungen, umzusetzen?
Benjamin Sagan: Ein perfekter Tischservice ist uns vermutlich nie gelungen.
Lukas Sticksel: Und Gigi D’Agostino haben wir auch nicht geschafft, zu buchen. Das ist schade.
Mit welchen Vorwürfen wurden Sie ständig konfrontiert?
Benjamin Sagan: Dass es zu viele Stufen gibt. Und an manchen zu wenig Toiletten, auf denen es dann auch noch zu heiß war.
Wie oft wurde die „letzte Party“ im "Horst" schon gefeiert?
Lukas Sticksel: Unser liebster Adrian hat einst liebevoll gesagt: „Alles hat ein Ende, nur der Horst hat drei“
Immer wieder wurde das Ende nach hinten verschoben? Woran lag es?
Benjamin Sagan: Viele sagen, dass alles eine wohldurchdachte Marketingstrategie war. Dieses ständige Verschieben resultierte jedoch tatsächlich von der Immobilienfirma. Man wollte sich sicher sein, dass wir auch gehen, wenn Spatenstich für die Tiefgarage ist und gab uns den Mietvertrag immer nur für sechs Monate. Ein Projekt in dieser Größe und in dieser Lage zieht natürlich auch ungeahnte Probleme mit sich, was eben am Ende (glücklicherweise) so manche Deadline des Baubeginns nach hinten verschoben haben muss.
Zuletzt hat man sich bereits lustig über die zahlreichen Closing-Partys gemacht. Jetzt soll es aber wirklich so weit sein. Oder?
Lukas Sticksel: Nochmal würden wir es uns nicht trauen das Wort Closing auch nur ansatzweise in den Mund zu nehmen, wenn es sich nicht um das tatsächliche Closing handelt. Am 17. Jänner 2020 ist der letztmögliche Spieltag für Horst und markiert somit auch sein absolut spätestes Ende. Es kann aber durchaus passieren, dass Horst vor dem 17. Jänner geschlossen wird, da man einiges an Equipment und das ein oder andere Eventformat in die anderen Clubs übersiedeln wird.
Was wird im "Horst" noch bis zum Ende passieren?
Benjamin Sagan: Die Zeit vergeht leider viel zu schnell und man beginnt mittlerweile jeden Abend, den man im Club verbringt ein klein wenig wehmütiger zu werden. Jetzt geht es darum die verbleibenden Nächte maximal zu zelebrieren. An den Freitagen kommen jetzt noch Acts, wie Kink, Umek, Stephan Bodzin, Oliver Kolitzki und Vitalic.
Lukas Sticksel: Die Samstage haben ihren eigenen Mythos entwickelt und je näher das Ende rückt desto überwältigender werden sie. Spätestens jetzt sollte jedem bewusst werden, dass es bald aus ist - und zwar ganz. Wer noch nie bei uns war, sollte jetzt die Gelegenheiten beim Schopfe packen (das gilt vor allem unseren Freunden aus den anderen Bundesländern). Alles wird jetzt intensiver und in den letzten Events emotional entladen.
Das "Horst" war von Anfang an als Zwischennutzung gedacht. Welche Vorteile hat ein temporär veranschlagtes Konzept? Und was sind die Nachteile?
Benjamin Sagan: Alles was verknappt wird, ist interessant – das ist schön in der Kommunikation umsetzbar, kann sich aber auch zum Fluch weiterentwickeln, wenn man das endgültige Enddatum selbst nicht weiß. Ein temporäres Projekt lässt auch mehr Platz für technische Kreativität, da man viele Sachen mieten kann und nicht für die Ewigkeit bauen muss. Die Schattenseiten sind aber, dass es keinen Spielraum für Fehler gibt - man muss von 0 auf 100 ab dem ersten Tag funktionieren, denn die Uhr tickt.
Auf welche Widerstände, welcher Hindernisse seit Ihr in den vergangenen zwei Jahren gestoßen?
Lukas Sticksel: Den größten Widerstand hatte eine unscheinbare Tür geleistet, die wir in der Not mit der Brechstange aufbrechen wollten, da wir dahinter den Wasserhaupthahn vermutet haben (wir hatten kein Wasser im Club). Die Tür blieb aber, wo sie war, und derjenige, der die Türe aufbrechen wollte musste ins Krankenhaus gebracht werden, weil der Rückstoß der Brechstange zu heftig war. Wenn wir aber von Hindernissen reden, dann hat sich der Spruch: „Irgendwie geht’s immer“ mittlerweile zu unserem Leitspruch entwickelt, denn Probleme gab es genug – wahrscheinlich haben wir sogar kein einziges Problem ausgelassen, das man in 2,5 Jahre Clubbetrieb aufgabeln kann.
Was war für Sie die größte Herausforderung?
Lukas Sticksel: Abgesehen von dem Wasserschaden, der unsere Lüftung lahmlegte, wodurch die Temperatur in der Hannelore, unserem zweiten Floor, so weit anstieg, dass sich Kondenswasser bildete, das dann millimetergenau genau in die Steckdose tropfte und schlussendlich einen Stromausfall herbeiführte, war der Rest halb so schlimm.
Benjamin Sagan: Die größte Herausforderung war mit Sicherheit die Lage des Clubs im 1. Bezirk. Hier ist wirklich alles sensibler - unglaublich eigentlich, dass wir das in den letzten zwei Jahre hier überlebt haben.
Gab es Nächte, in denen man nicht wusste, ob man den Club überhaupt aufsperren kann?
Benjamin Sagan: Ich glaube, man kann sie nicht auf drei Händen abzählen.
Mit welchen Problemen hättet Ihr auf keinen Fall gerechnet?
Lukas Sticksel: Dass eine Hüpfburg am Mainfloor nicht erlaubt ist.
Wie gehen Sie mit Kritikern um?
Lukas Sticksel: Gar nicht. Wir sind hier auf der Seite von Cicero, der doch irgendwo mal sagte: „Es gibt nichts, was allen gefällt“.
In Wien gibt es ja immer auch viele Neider. Was ist Ihnen an Neid entgegengeflogen?
Lukas Sticksel: Also am meisten waren die Leute vermutlich neidisch auf unsere Openings und Closings und vielleicht auch auf den ein oder anderen Samstag.
Benjamin Sagan: Der Neid hatte sich aber gar nicht so recht aufgebaut, da jeder wusste, irgendwann sind wir weg.
Sie haben nun mit der Albertina Passage eine neue Location gefunden. Wie kam es dazu?
Benjamin Sagan: Keiner wollte, dass es nach Horst aus und vorbei ist und somit machte man sich die letzten zwei Jahre auf die Suche nach einem Nachfolgeprojekt. Zuerst sah es so aus, als müssten wir wieder Bewerbungen schreiben. Aber zum Glück gibt es Tage, an denen sich alles ändert.
Wird die neue Location wieder "Horst" heißen?
Lukas Sticksel: Nein, Horst wird spätestens im Jänner zu Grabe getragen. Vielleicht wird es irgendwann mal wieder ein Zwischennutzungsprojekt geben, das Horst getauft wird. Die neue Location, die bekommt aber definitiv einen neuen Namen.
Wie unterscheidet sich die neue von der alten Location?
Lukas Sticksel: Weniger Stufen. (lacht)
Benjamin Sagan: Wir sind ja erwachsener geworden in den letzten Jahren und das wird sich auch im Konzept widerspiegeln.
Kürzlich wurde bekannt, dass die wtf-group (wtf steht für „wir tanzen fröhlich“, Anm. d. Red.) nicht nur die Albertina Passage, sondern auch den ehemaligen Club Schwarzenberg übernommen hat. Kann man von Größenwahnsinn sprechen und was wird dort passieren?
Lukas Sticksel: Nein, der kommt erst wenn beiden Clubs funktionieren.
Benjamin Sagan: Der Club beim Belvedere wird ebenso, wie die Albertina einen neunen Namen bekommen, komplett umgebaut und mit dem Vorgänger absolut gar nichts mehr gemeinsam haben. Bei diesem Projekt widmen wir uns aber voll und ganz dem Thema Hip-Hop und rollen diesen für die Stadt neu aus.
Was passiert mit den Mitarbeitern, den Veranstaltern – ziehen die mit?
Lukas Sticksel: Veranstaltet haben wir bisher zu 95 Prozent selbst und die Mitarbeiter, die kommen mit, man ist ja schlussendlich eine kleine Familie geworden. Einen Club, ohne diese Leute zu betreiben, das könnten wir uns nicht mehr vorstellen.
Wer steckt hinter der wtf-group?
Benjamin Sagan: Ein von Joachim Natschläger angeführtes Team aus äußerst engagierten Herren der Nacht, die zusammen 98 Jahre Cluberfahrung mit sich schleppen und einem Hund namens Karl.
Gibt es Geldgeber, die im Hintergrund agieren, beim Konzept mitreden?
Benjamin Sagan: Dafür gibt es unsere berühmten Montagsmeetings, die man einerseits nicht freiwillig besuchen möchte, aber trotzdem immer wieder gestärkt daraus hervorgeht. Denn die Waage aus Kreativität und Wirtschaftlichkeit in Balance zu halten, das ist keine leichte Kunst.
Was braucht ein guter Club?
Lukas Sticksel: Eine Crew, die das ganze Projekt als Herzensangelegenheit wahrnimmt und einmal im Jahr ein Scooter-Konzert.
Muss man in Wien einfach das musikalische Programm breit streuen, auf bekannte Namen setzen?
Benjamin Sagan: Das kommt drauf an, was man erreichen will... Wien ist die Hauptstadt der Gästeliste und die ist am längsten, wenn die Acts am größten sind - und was will man mehr, als eine große Gästeliste mit all seinen Freunden darauf.
Anekdoten aus dem Leben eines Club-Managers?
Benjamin Sagan: Puh, da gibt es viele. HP Baxxter alias Scooter hatte zum Beispiel in seinem Rider stehen, dass im Backstage eine Toilette vorhanden sein muss. Nachdem wir im Backstage aber keine Toilette hatten, haben wir ihm liebevoll einen Kübel hingestellt (irgendwie geht’s immer). Als wir ihn ein zweites Mal gebucht haben, mussten wir garantieren, dass nun wirklich ein adäquater Backstageraum mit Toilette zur Verfügung gestellt wird. Wir haben dann zwar einen anderen Raum zum Backstage umfunktioniert, der Kübel, der war aber der Gleiche. Gelacht haben wir dennoch viel zusammen – denn H.P. hielt den Kübel mit dem aufgespannten Sonnenschirm zumindest bis zum ersten Klogang für einen Scherz.
Lukas Sticksel: Lustig war auch dieser jemand, den wir an der Tür nicht hineingelassen haben (er war offensichtlich schon ein klein wenig zu berauscht). Dieser jemand, den wir auch liebevoll Spiderman genannt haben, ist auf die andere Straßenseite gegangen, hat Anlauf genommen und ist mit gefühlten 30kmh durch die Arme der Security, die ersten Stufen nach unten, an der Kassa vorbei und Vollgas gegen die schwarze Wand gelaufen. Wer sein Leben riskiert, um in den Club zu kommen, der hat es auch verdient zu bleiben.
Benjamin Sagan: Gut war auch die Aktion, als wir uns nach einer recht lustigen Nacht um die Mittagszeit zusammengerufen haben, um über die letzte Nacht zu sinnieren und gemerkt haben, dass sich jeder auf den jeweils anderen verlassen hat, was das Zusperren des Clubs betroffen hat. Als wir dann um 14.30 in den Club gefahren sind, und gebetet haben, dass noch alles da und nichts abgebrannt ist, war die Afterhour natürlich noch voll im Gange. Man wurde sogar mit Applaus empfangen. Das Beste daran war allerdings, dass kein einziges Getränk im Club fehlte, die Afterhour-Truppe hatte sich tatsächlich von einem Getränkelieferanten Dosenbier in den Club liefern hat lassen.
Lukas Sticksel: Nein, das aller Beste an dieser Geschichte ist, dass sie uns unabsichtlich und wahrhaftig auch ein zweites Mal passiert ist.
Die Diskussion über einen „Nachtbürgermeister“, eine Schnittstelle zwischen der Stadt, den Clubs, den Veranstaltern und Anrainern ist Ihnen sicher nicht verborgen geblieben. Ihre Meinung dazu?
Lukas Sticksel: Ganz egal wie die aktuelle Debatte ausgeht, eine Ansprechperson in der Nacht zu installieren, die als Vermittlungsinstanz zwischen den Anrainern und Clubs fungiert, sind wir der Meinung, dass es so eine Anlaufstelle eigentlich in jeder Großstadt geben sollte.
Benjamin Sagan: Ich würde sogar den Luki zum Bürgermeister der Nacht wählen, wenn es sein muss (lacht).
Wie sollte Wien mit seiner Clubkultur umgehen?
Benjamin Sagan: Es wäre manchmal nicht schlecht sich als Club ein bisschen willkommener in unserer liebsten Heimatstadt zu fühlen. Man könnte ja damit anfangen den wirtschaftlichen Aspekt der Nacht anzuerkennen und somit die Club-Kultur mehr zu fördern.
Viele Menschen sind der Meinung, dass man mit Partys, einem Club viel Geld verdienen kann. Und eh immer nur alles lustig ist. Wie sieht die Realität aus?
Lukas Sticksel: Lustig ist es meistens schon irgendwie – aber freie Wochenenden gibt es keine.
Wie gestaltet Ihr die Preispolitik in den neuen Clubs? Was kostet ein kleines Bier bei euch. Was darf es maximal kosten? Gibt es da für euch Obergrenzen?
Benjamin Sagan: Wir haben uns von Anfang an bemüht, faire Getränkepreise anzubieten – dieses wollen wir auch in den neuen Locations so beibehalten. Wir lassen es aber dem Gast über. Bis jetzt gab es das heimische Bier um 3,9€ und das Heineken um 4,5€. Für uns ist das die Obergrenze.
In Wien ist vieles limitiert und von begrenzter Dauer: Stichwort Sperrstunde. Soll heißen: Wer gut und lange feiern möchte, fährt nach Berlin. Was sagt ihr zu dieser Aussage.
Benjamin Sagan: In Wien kann man sehr wohl gut feiern. Was allerdings die Sperrstunde angeht, könnten wir uns doch eine gehörige Scheibe Berlin einverleiben. Feiern gehört doch zu den schönsten Dingen im Leben, warum also zeitlich begrenzen.
Wie chaotisch und verplant darf man als Clubbetreiber sein?
Benjamin Sagan: Man darf auf jeden Fall so wirken, sein sollte man es aber in Wahrheit nicht. Man trägt ja doch einiges an Verantwortung. Wichtig ist vor allem, dass man jemanden im Hintergrund hat, der sich neben der Sicherheit auch darum kümmert, dass die Leute nicht alleine im Club weiterfeiern, wenn eigentlich schon zugemacht wurde und kein Personal mehr da ist.(lacht).
Clubs sind oftmals Entertainment-Hütten mit Restaurant usw. Sie müssen oft mehr bieten, als „nur“ Musik, Drinks, Tanzfläche. Ihr habt darauf immer verzichtet. Warum?
Lukas Sticksel: Zu Beginn haben wir Butterbrot mit Schnittlauch verkauft und schnell gemerkt, dass bei den Raves keiner so wirklich Hunger hatte. (lacht). Daher beließen wir es dabei und verzichteten auf Essen.
Nach Wien kommen so gut wie kaum Party-Touristen. Sollte sich Wien in dieser Hinsicht klarer positionieren, mehr auf diese Zielgruppe setzen?
Lukas Sticksel: Ja natürlich. Wir haben die lebenswerteste Stadt der Welt und die schönsten Orte, die man sich wünschen kann direkt vor der Haustüre. Warum nicht genau hier ein Festival aufziehen, auf das die Welt schaut, und damit meinen wir nicht die Donauinsel. Wenn wir dann beispielsweise das Konzert unserer guten Freunde von Bilderbuch hernehmen, dann sieht man, dass Wien noch einen weiten Weg vor sich hat. Denn muss es denn wirklich sein, dass ein so großes und schönes Konzert, wie es in Schönbrunn produziert wurde auf Zimmerlautstärke herunterreglementiert wird? Wohl kaum, aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Wien, wir glauben an dich.
In der Nacht von 31. Oktober auf 1. November tritt das Nichtrauchergesetz in Kraft. Welche Vorkehrungen sind geplant?
Benjamin Sagan: Das müssen wir uns noch bei einer Zigarette überlegen. Aber um eine Aufstockung des Personals werden wir zu Beginn nicht herumkommen.
Lukas Sticksel: Wir könnten ja eigene „Tschickschnipser“ engagieren, die für jede Zigarette, die sie jemanden aus der Hand schnipsen 5 Euro bekommen. Aber laut Zeitungsberichten ist es eh genau das, was Stadträtin Uli Sima anscheinend bereits in die Wege geleitet hat – 5.000 Kontrollen bis Jahresende, das funktioniert sicher nur mit ausgefeiltem Provisionsmodell.
Wie wird sich das Nichtrauchergesetz auf die Lautstärkenprobleme auswirken? Stichwort: Leute gehen vor die Tür rauchen?
Lukas Sticksel: Um ehrlich zu sein haben wir enormen Respekt davor und unser einziger Anker ist, dass es in anderen Ländern ja auch funktioniert.
Ihre Einschätzung zur aktuellen Clubkultur in Wien. Was fehlt?
Lukas Sticksel: Vor einiger Zeit sprach man in Wien vom sogenannten Clubsterben, das für eine kurze Zeit das Ausgehverhalten nicht positiv beeinflusst hat. Aber es war genau dieses Clubsterben, das viele motiviert hat, wieder mehr zu tun und sich nach einer Location umzusehen (wie auch uns). In nächster Zeit wird Wien diesbezüglich gut aufgestellt sein. Was mir persönlich fehlt sind die Crews, die nachkommen und Konzepte erarbeiten, die neu sind. Keiner traut sich mehr über ein Open Air ohne angemeldete Demo drüber. Das fehlt.
Sollte man Clubkultur fördern? Nach welchen Kriterien sollte man da vorgehen?
Lukas Sticksel: Alles beruht auf den aktuellen Gesetzen und jenen Ämtern, die diese Gesetze kontrollieren - wenn man etwas ändern möchte, dann müsste man hier ansetzen. Eine Kultur muss ja wachsen und je mehr Luft sie dafür bekommt, desto schöner kann sie sich entfalten.
Wie mühsam ist es aktuell eigentlich, Clubbetreiber in Wien zu sein? Stichwort: Genehmigungsdschungel und Anrainerbeschwerden. Steht es sich überhaupt noch dafür, bei all den Scherereien?
Benjamin Sagan: Für viele Scherereien ist man selbst verantwortlich, das haben wir hart am eigenen Leibe zu spüren bekommen und zwar jeden einzelnen Öffnungstag. Das wichtigste in diesem Gefüge sind mit Sicherheit die Nachbarn. Denn nur glückliche Nachbarn ermöglichen auch glückliche Nächte.
Man hört immer wieder von ganz Jungen, dass sie nicht mehr in Clubs gehen. Ihre Einschätzung?
Lukas Sticksel: Die Experience-Ökonomie hat seit Jahren unaufhaltsam Fahrt aufgenommen, was sich vor allem bei der Generation Z dahingehend bemerkbar macht, dass diese mehr Geld für einmalige Erlebnisse, ausgibt, als alle Jahrgänge davor. Diese Erlebnisse machen glücklich und sie bringen Likes auf Social Media. Ich denke, dass hier auch ein Umdenken in der Club- und Nachtindustrie stattfinden muss. Wie das genau aussehen könnte, daran arbeiten wir gerade.
Ihre letzten Worte?
Lukas & Benjamin: Wien, es war uns eine Ehre.
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