TV-Kritik "ZiB2": CETA und der gerade Satz

TV-Kritik "ZiB2": CETA und der gerade Satz
TV-Kritik: Der SPÖ-Bürgermeister Herbert Thumpser und Franz Schellhorn saßen bei Armin Wolf.

Womit wir nach einem Fernsehabend wieder bei der Redekunst wären: Rhetorik, die altgriechische Variante davon, die Menschen von (politischen) Inhalten zu überzeugen, hat sich aus weiten Teilen der öffentlichen Rede verabschiedet. Wir zimmern uns die Realität heute mit Drohszenarien zurecht. Wovon hier die Rede (höhö) ist? In der "ZiB2" ging es im Studiogespräch um die Rettung des Abendlandes vor den Kanadiern, die uns gerne ihre Produkte im freien Handel zur Verfügung stellen wollen. Und unsere auf dem selben Weg erwerben. Es ging um CETA.

In der einen Ecke: Der liberale Wirtschaftsexperte Franz Schellhorn. Schräg gegenüber: Der Traisener SPÖ-Bürgermeister Herbert Thumpser, dem die verantwortungsvolle Aufgabe zukam, auf mehreren Sesseln gleichzeitig zu sitzen, ohne dabei seinem Parteichef Christian Kern allzu offensichtlich in die Parade zu fahren (der hatte nämlich CETA in Brüssel zugestimmt, Thumpser verlangt in seinem Volksbegehren ein Verfassungesetz, das Freihandelsabkommen verbietet).

Wie eingangs erwähnt: Die Redekunst wird nicht mehr allzu hoch gehängt dieser Tage. Das hatte erwartungsgemäß wenig Tiefsinn zur Folge. Thumpser saß auf seinen zwei Sesseln mehr als wackelig, und brüskierte seinen Bundesparteiobmann erst recht: "Ich glaube dass wir mit dieser Initiative unserem Bundeskanzler Christian Kern den Rücken stärken. Weil er bisher schon eine sehr große Skepsis gegenüber dem Handelsvertrag CETA, vor allem aber gegenüber den Schiedsgerichten gehabt hat." Wird Kern sicher gern hören, wie er sich aus Traisener Sicht so fühlt.

Redekunst, zwei Sessel, nicht in die Parade fahren

Interviewer Armin Wolf konterte freundlich, wie man denn jemandem den Rücken stärke, wenn der ein Abkommen mitbeschließt, man selber aber ein Verfassungsgesetz fordert, wonach eben dieses Abkommen nicht in Kraft treten darf?

Wir erinnern uns: Redekunst, zwei Sessel, nicht in die Parade fahren. Folgerichtig antwortet Thumpser: "Ich glaube, dass es die Skepsis des Christian Kerns auch ist, gegenüber diesen Schiedsgerichten, dass eine jede Unterschrift, die wir bis zum 30. Jänner erhalten, ihn den Rücken stärkt, in seiner Skepsis und auch in der ablehnenden Haltung gegen diese Schiedsgerichte."

Wolf: "Sie meinen ohne Volksbegehren hat er sich nicht dagegen stimmen getraut in Brüssel aber nach ihrem Volksbegehren würde er dann doch dagegen sein?"

Obacht

Achtung Falle, den Kanzler als feig darstellen ist eher nicht die beste Message, die man in der "ZiB2" vor fast 700.000 Zuschauern rüberbringen will. Thumpser reißt also innerlich am Ruder: "Ich glaub, dass die 40.000 Unterschriften, die wir bisher schon gesammelt haben, dazu beigetragen haben, den Diskussionsprozess auch innerhalb der Sozialdemokratie – ah – voranzutreiben. Und ich glaube, dass die 100.000 und eine Unterschrift, die wir uns als Ziel gesetzt haben, jetzt dazu beitragen wird, diese Skepsis weiter zu verstärken."

Wolf nagelt noch einmal schnell das Offensichtliche fest. "Sie wollen jetzt, dass CETA nicht kommt?" Endlich, nur mehr ein Sessel für Thumpser: "Ja."

Die Welt geht nicht unter

TV-Kritik "ZiB2": CETA und der gerade Satz
Hui. Jetzt zum Vergleich Schellhorn, der die alten Griechen nicht ganz vergessen hat (aber zugegebenermaßen auch keinen Parteifreund umschiffen muss, der immerhin bald Wahlen gewinnen soll): "Wenn's nicht kommt, wird nicht die Welt untergehen, wenn's kommt, wird es uns nicht aus dem schwachen Wachstum führen."

Nach einem Exkurs darüber, wie sehr Österreich vom Freihandel innerhalb Europas profitiert habe - Stichwort "Feinkostladen Europas" - räumte er ein, dass die CETA-Gegner sensationell kampagnisieren würden.

Und gegen eine gute Kampagne ist jedes auch noch so kunstvoll vorgetragene Argument nutzlos. Und wir jammern drüber, dass viele Politiker keinen geraden Satz herausbringen...

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