Natürlich ist es nicht sehr galant, die Tochter über den Vater vorzustellen. Aber ihn kennt man in Österreich: Peter Lohmeyer verkörperte zunächst einen sanften, „weißen“ Tod im „Jedermann“ der Salzburger Festspiele, und danach, wiederum für vier Jahre, einen tätowierten, „schwarzen“.
Lola Klamroth hingegen kennt man nicht. Noch nicht. Sie ist erst seit September Ensemblemitglied der Burg. Auf der Bühne sieht man sie in „Der eingebildete Kranke“ – als schmalpickten Cléante, den Geliebten der recht fülligen Angélique (Paul Basonga). Ihr erster wirklich großer Auftritt folgt am 14. Dezember im Akademietheater: In Nikolai Gogols Korruptionskomödie „Der Revisor“, inszeniert von Mateja Koležnik, spielt sie die Tochter des Bürgermeisters.
Sie nimmt den Fauxpas mit einem Lächeln: „Ich bin ja stolz auf meinen Vater.“ Er war es auch, der sie zum Theater gebracht hat. Aber sie war kein typisches „Theaterkind“, das andauernd bei den Proben dabei sein muss. Lohmeyer hatte seiner Kinder wegen auch nie ein Engagement zur Ferienzeit angestrebt. Nur für den „Jedermann“ machte er eine Ausnahme – im Jahr 2013, als der von ihm hochgeschätzte Julian Crouch mit Brian Mertes in Salzburg das Spiel vom Sterben des reichen Mannes inszenierte.
Oberon und Puck
Aber da war Lola Klamroth, 1991 in Hamburg geboren, ohnedies schon erwachsen. Und sie hatte bereits ihre erste Filmrolle hinter sich: 2007 spielte sie in „Früher oder später“ an der Seite ihres Vaters. Nein, eigentlich war es sogar umgekehrt: Er spielte an ihrer Seite.
Erstmals auf der Bühne war sie 2004 gestanden: „Für den Circus Roncalli im Konzerthaus von Dortmund haben wir zwischen den artistischen Darbietungen Szenen aus dem ,Sommernachtstraum‘ eingeflochten. Denn mein Vater hat damals am Schauspielhaus Hamburg den Oberon gespielt. Und ich war der Puck.“
Dabei habe sie entdeckt, dass ihr das Spielen „Spaß bringt“, wie sie sagt, und dass sie auf der Bühne ohne Angst agiert. „Später habe ich – ganz klassisch – den Jugendclub des Schauspielhauses besucht. Und wieder festgestellt, dass mich die Bühne reizt. Und dann habe ich eben die Ausbildung gemacht.“
Nach der Matura studierte sie bis 2017 Schauspiel an der Otto-Falckenberg-Schule in München und an der Universität der Künste Berlin. Sogleich wurde sie ans Kölner Schauspiel unter der Intendanz von Stefan Bachmann engagiert. Dem Schweizer folgte sie nun an die Burg.
„Ich wollte schon immer mal in Wien leben.“ Und solche Gelegenheiten bieten sich ja nicht oft im Leben einer Schauspielerin. Immerhin handelt es sich um das größte Haus des deutschsprachigen Raums. „Alle sind so herzlich“, sagt sie. „Ich habe das nicht erwartet. Denn das Burgtheater hat schon irgendwie den Ruf, dass es da so“ – Lola Klamroth sucht ein halbwegs passendes Wort – „Charaktere gibt. Ich warte immer aufs Drama. Aber es kommt nicht.“ Daher: „Ich habe nichts zu lästern.“
Auch ihr Vater hatte das Angebot, ans Burgtheater zu gehen – 1986 mit Claus Peymann. Denn Peter Lohmeyer war Eleve in Bochum. Doch er lehnte ab. Lola Klamroth schaut staunend: „War das so?“ Diese Episode erwähnte Lohmeyer jedenfalls im Gespräch mit dem KURIER vor knapp zwei Jahren, als er für eine ROMY nominiert war. Und plötzlich wird ihr manches klar: „Ich probe gerade mit Hans Dieter Knebel. Auch er war damals in Bochum. Er erzählte mir, dass nur vier junge Schauspieler nicht mit nach Wien gegangen sind. Und die seien alle Filmstars geworden.“
Pöbelnde Passanten
Komischerweise war Lohmeyer später dann doch in Wien: Er wollte zu George Tabori, als der den „Kreis“ in der Porzellangasse leitete. Diese Episode hat er aber nicht in bester Erinnerung (es war ein kalter Winter mit viel Schnee): Lohmeyer blieb nur für eine Produktion – und ging zurück nach Deutschland. Hamburg wurde seine Heimat. Denn dort hat er die Mutter von dreien seiner fünf Kinder kennengelernt.
Lola Klamroth hingegen hat noch keine schlechten Erfahrungen gemacht. Abgesehen davon, dass sie beim Radeln von Passanten angepöbelt wurde. Sie genieße zum Beispiel die Gemütlichkeit: „Und dann folgen auf einen Kaffee noch vier Spritzer.“
Große Körperlichkeit
Sie schwärmt auch über die Proben mit Mateja Koležnik, die zum zweiten Mal den „Revisor“ (aus 1835) inszeniert: „Sie arbeitet sehr präzise mit dem Ensemble. Das habe ich bisher in dieser Form noch nicht erlebt. Für mich ist das total faszinierend und lehrreich“, sagt sie. „Ich habe mich auf der Bühne oft in andere Welten reingeschmissen – mit großer Körperlichkeit, im bunten Kostüm. Aber jetzt bin ich näher dran an der realistischen Figur. Mal sehen ...“
In einem russischen Städtchen wird ein junger Mann für den Revisor gehalten – und in der Verwaltung macht sich Nervosität breit. Denn alle lassen sich schmieren. Um Chlestakow gütig zu stimmen, steckt man ihm Geld zu. Er durchschaut das Spiel, deckt es aber nicht auf, lässt sich sogar mit Marja, der Tochter des Stadthauptmanns, verloben.
„Chlestakow, gespielt von Tim Werths, gräbt sich aber auch noch an meine Mutter ran“, erzählt Lola Klamroth. „Der nutzt alles aus. Wir drehen das ein bisschen um: Die Tochter lässt sich nicht verschachern, sondern ist die Einzige, die das ein bisschen checkt. Ich finde das Stück wahnsinnig lustig. Es geht darum, einen Spiegel vorzuhalten. Vielleicht nicht unbedingt einen Spiegel, aber vielleicht erkennt sich der eine oder andere dann doch irgendwie wieder.“
In der laufenden Saison wird sie noch in „Herr Puntila und sein Knecht Matti“ von Bertolt Brecht mitwirken (Premiere am 29. März). Wie es weitergeht? Ist noch nicht entschieden.
Die Buhlschaft? Nee!
Ihren Vater hat sie natürlich als Tod im „Jedermann“ gesehen – in beiden Versionen. Ob die Buhlschaft eine Rolle für sie wäre? „Nee.“ Denn so prickelnd findet Lola Klamroth das Stück nicht: „Es hat sich für mich schon beim zweiten Mal erschöpft. Ich habe nichts gegen Klassiker, aber der ,Jedermann‘ ist nicht mein Lieblingsklassiker. Ich finde den Rummel in Salzburg zwar spannend, aber wenn, würde ich dort lieber in einer anderen Inszenierung mitspielen.“
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