Das Ziel, die Rückkehr in das angestammte Haus, ist Ihnen nicht geglückt.
Ja, das war irgendwann mein Ziel gewesen. Denn es gab das Versprechen, das mit der Intendanz einhergegangen ist: die Wiedereröffnung nach dem Umbau. Aber es ist mir, wie ich jetzt sagen würde, zum Glück nicht geglückt. Weil ich an einem außerordentlichen Ort, am Stadtrand, ein außerordentliches Theater aufbauen konnte.
Wie lange wird sich der Umbau noch hinziehen?
Wohl noch eine Spielzeit.
Ihr Nachfolger, Volkstheaterdirektor Kay Voges, kann dann, wie 2020 hier in Wien, ein neues Haus eröffnen.
Ich wünsche ihm das. Aber wir reden von Köln. Das ist eine karnevaleske Stadt – in vielerlei Hinsicht.
Hier müssen Sie sich auch auf die Suche nach einer Ersatzspielstätte machen ...
Ursprünglich hieß es, dass die Renovierung des Kasinos nur ein paar Monate dauern wird. Aber nun sind doch umfangreichere Arbeiten notwendig. Mir fehlt diese Spielstätte daher ein Jahr lang. Die Strategie ist, es lebendig zu halten – mit einem „Kasino digital“ und einem „Kasino mobil“. Eine Ersatzspielstätte kommt nicht infrage. Eben weil ich lange davon ausgegangen bin, das Kasino bereits zu Beginn 2025 wieder zur Verfügung zu haben.
Bei Ihrer Vorstellung durch Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer im Advent 2022 haben Sie von Wien geschwärmt. Denn Sie kennen die Stadt gut, haben viel am Burgtheater gearbeitet.
Unter Klaus Bachler habe ich regelmäßig inszeniert, unter Matthias Hartmann war ich Hausregisseur – von 2008 bis 2012, also bis zu meiner Berufung nach Köln.
Sie haben daher noch den Beginn der finanziellen Schieflage mitbekommen?
Den Ernst der Situation haben wir nicht erkennen können. Dass bestimmte Regisseure ihre Gage in der Plastiktüte abholen, war für uns ein Kuriosum der Burg.
Haben auch Sie Ihr Geld von Frau Stantejsky in bar bekommen?
Habe ich nicht! Und war im Nachhinein dankbar dafür.
Hartmann traf kürzlich gegenüber „profil“ eine interessante Feststellung: „Viele Regisseure denken ihre Inszenierungen nicht mehr vom Zuschauerraum aus.“
War das jemals anders? Hat man das nicht auch schon Peter Zadek nachgesagt? Ich zumindest denke sehr stark vom Zuschauerraum aus.
Dann darf sich das Publikum auf Sie freuen?
Das weiß ich nicht. Es ist ja immer die Frage, ob man aus dieser Position heraus auch die richtigen Schlüsse zieht. Aber ich habe immer meine ersten Erlebnisse im Theater präsent. Ich war als Jugendlicher fasziniert, interessiert, aufgeschlossen, sehr empathisch. Aber manchmal war ich so gelangweilt. Und dann habe ich mir vorgestellt, was passieren müsste, damit ich aufwache. Etwa, dass Panzer in die Kulissen reinfahren, damit die Aufführung attraktiv wird. Und das ist für mich schon ein großes Kriterium: Wie wird eine Inszenierung sinnlich, sexy, lesbar, unterhaltsam? Ob ich das immer schaffe, ist eine andere Frage, aber ich mache Theater nicht für mich selbst.
Was sehen wir daher?
Der Spielplan steht natürlich. Auch wenn die Vorbereitungszeit, sagen wir mal, sehr knapp bemessen war. Ich bin schon stolz auf das, was wir im Team erreicht haben …
Sie bringen Ihre engsten Mitarbeiter aus Köln mit?
Ja, Florian Werkmeister wird mein Stellvertreter, Thomas Jonigk Chefdramaturg. Und meine bisherige Chefdisponentin Anna Kohlmeier wird Betriebsdirektorin. Weil wir eingespielt sind, konnten wir schnell arbeiten, und das schlägt sich im Programm nieder. Ich will eigentlich kein Geheimnis darum machen, ich habe daher auch für die Bauproben keine fingierten Titel erfunden, wie das andere Intendanten machen, also zum Beispiel „Knirsch Knarsch“, und dahinter verbirgt sich ein Klassiker. Aber ich möchte noch nicht zu viel verraten. Denn sonst langweile ich Sie bei meiner Pressekonferenz im April!
Ich werde nicht angeödet sein, wenn Sie schon das eine oder andere „Knirsch Knarsch“ verraten! Gerüchteweise bringen Sie Ihre komprimierte Inszenierung von Molières „Der eingebildete Kranke“ mit …
Das stimmt. Auch den „König Lear“ von meinem Kollegen Rafael Sanchez mit Martin Reinke, eine tolle, emblematische Inszenierung. Und eine Inszenierung von mir, die mit dem Faust-Preis ausgezeichnet wurde: „Johann Holtrop“ nach dem Epochenroman von Rainald Goetz über den Aufstieg und Niedergang eines Spitzenmanagers. Brandaktuell, wenn man an René Benko denkt!
Wie viele Produktionen bringen Sie insgesamt mit?
Sechs oder sieben. Wir müssen ja schnell Repertoire aufbauen.
Aber Sie übernehmen doch manches aus der Direktion von Martin Kušej …
Eine ganze Menge sogar! Auch von Martin Kušej sind einige Inszenierungen dabei. Da gibt es von mir gar kein Abgrenzungsbedürfnis. Wenn jemand als Intendant – nein, als Direktor, daran muss ich mich erst gewöhnen! – beginnt, dann führt er das Burgtheater ja weiter!
Ihr Vorgänger dürfte das etwas anders gesehen haben. Ich habe bedauert, dass zum Beispiel Andrea Breth oder - längere Zeit - Jan Bosse nicht mehr inszenieren durften.
Ohne darauf konkret eingehen zu wollen: Ich will am Theater keine Feindschaften zelebrieren oder ausleben, ich sehe die Aufgabe sehr pragmatisch. Das Burgtheater ist ein unglaublich großer Betrieb – mit der Auflage, dass jeden Abend gespielt wird. Dem muss man gerecht werden.
Sie bekennen sich dazu, dass jeden Tag der Vorhang aufgeht?
Das ist keine Frage des Bekenntnisses! Ich bin dazu geradezu verpflichtet. Oder auch verdammt. So empfinde ich es jedenfalls in schlechten Momenten (er lacht). Umgekehrt: Dieses Highspeed-Repertoiretheater ist eine Herausforderung für mich. Ich will es bestmöglich bedienen.
Werden Sie auch Ihren Vorgänger als Regisseur verpflichten?
Ich habe noch kein Gespräch mit ihm darüber geführt. Aber ich schließe das nicht aus.
Sie haben jetzt noch immer keine programmatische Neuproduktion verraten …
Wissen Sie, ich bin nicht so der Freund von Programmatik. Programmatik ist mir zu nah an Dogma.
Ich erwarte jetzt kein politisches Motto wie „Aufwachen, bevor es wieder finster wird“. Der Ansatz könnte auch sein: „Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen.“
Vielleicht haben Sie es ohnedies schon gehört: Wir eröffnen mit „Hamlet“ – das beste Stück der Welt und gleichzeitig auch eines der schwierigsten – in der Inszenierung von Karin Henkel. Sie hat irgendwann einmal am Burgtheater angefangen, aber dann nie mehr hier gearbeitet. Das hat also vielleicht doch etwas Programmatisches. „Frau“ war kein Kriterium bei der Suche, aber ich finde es schön, dass eine Frau meine Direktionszeit eröffnet.
Und Ihre erste Neuinszenierung?
Kommt irgendwann im November. Ich muss zunächst als Direktor anfangen. Ja, ich habe schon großen Respekt vor der Aufgabe. Ich wollte daher nicht gleich in zweifacher Hinsicht im Zentrum des Geschehens sein. Das wäre eine geradezu schizophrene Situation. Für mich sind Direktion und Regie zwei Kontinente, auch wenn ich auf beiden gerne zu Hause bin.
In „Johann Holtrop“ spielt Ihre Frau Melanie Kretschmann mit. Auch am Burgtheater?
Ja, als Gast.
Wer kommt noch? Wir dürfen uns auf die Rückkehr von Joachim Meyerhoff freuen?
Er wird spielen – eine entscheidende Rolle. Zunächst nicht als festes Ensemblemitglied. Das geht nicht so mit einem Fingerschnippen. Aber ich arbeite daran.
Er hat eine große Sehnsucht nach Wien, das merkt man bei seinen Lesungen.
Ich baue auf sie.
Daher wird auch Jan Bosse wieder inszenieren?
Ja.
Und Christoph Marthaler?
Ich bin dran! Bevor Sie jetzt jeden Namen durchgehen: Caroline Peters kommt fix zurück. Stefanie Reinsperger kommt, Jens Harzer kommt. Es kommen ein paar Schauspielerinnen aus Köln mit, Bruno Cathomas zum Beispiel, aber ich habe auch österreichische Schauspielerinnen engagiert. Ich plaudere wirklich viel zu viel aus!
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