Von Stephen Crane lernte Hemingway, weniger zu schreiben

Von Stephen Crane lernte Hemingway, weniger zu schreiben
Der Amerikaner, der nur 28 Jahre alt wurde, ist in zwei Romanen neu zu entdecken

Wer war Stephen Crane? Er starb.

Er starb von Anfang an.

Das steht bei Ernest Hemingway (in der Erzählung „Die grünen Hügel Afrikas“). Crane schrieb schnörkellos, immer wortkarger, Sätze ließ er aus, die unnötiger Ballast waren – trotzdem hieß es später: Das ist der Hemingway-Stil.

Crane (Foto oben), in dem von klein auf die Tuberkulose steckte, hustete sich zu Tode. Ende mit 28. Das war im Jahr 1900. (Hemingway war damals neun Monate alt.) Stephen Crane hatte kurzen Starruhm genossen, als Journalist und Schriftsteller.

Nur Material

Er gilt als der Erste, der einen einfachen Soldaten den Krieg – den Amerikanischen Bürgerkrieg – erleben ließ: 1895, demnach 34 Jahre vor Erich Maria Remarques „Im Westen nichts Neues“.

Kriegserfahrung hatte Stephen Crane keine (erst später als Reporter). Aber „Die rote Tapferkeitsmedaille“ ist ja kein Schlachtengemälde, sondern es geht, auch mittels Farbsymbolik, um den inneren Kampf. Die erwartungsvoll glänzenden Augen zuerst, dann der Schrecken und die Erkenntnis, nur Material zu sein, das Generäle durchaus zu opfern bereit sind.

Eine neue Leseerfahrung kann dieses Buch nicht mehr sein. Aber das hohe Alter merkt man ihm nicht an; und dass der Soldat der Sonne entgegen geht, sei ihm vergönnt – man muss diesen Schluss dem Schriftsteller nicht verübeln: Lucky Luke macht derartiges seit 70 Jahren immer noch.

„Mr. Crane“ von Andreas Kollender ist wohl im Jahr 2020 die größere Überraschung: Die letzten acht Tage Cranes in der Kuranstalt Badenweiler im Schwarzwald, wo er tatsächlich starb.

Die Liebesgeschichte Patient und Krankenschwester ist erfunden. Er von Tbc gezeichnet, sie von einem Wohnungsbrand – eine Gesichtshälfte ist entstellt. Mr. Crane streichelt nicht nur ihre Narben: Gezeichnete verstehen sich blind.

Noch dazu, die Krankenschwester kennt seine Bücher, hat er „The Monster“ geschrieben. Ein Mann, der ein Kind aus dem Feuer rettete, ist seither verstümmelt, er wird gemieden, und wenn 15 Teller auf dem Tisch liegen, bleiben sie leer – keiner der Eingeladenen kommt.

„Mr. Crane“ ist ein zärtlicher Roman, der viel über diesen Mann und die Liebe verrät. Man legt ihn weg und weiß: Eine Liebe ist nie sinnlos, selbst dann nicht, wenn sie nur wenige Tage Zeit hat.

Andreas Kollender:
„Mr Crane“
Pendragon
Verlag.
256 Seiten.
24,70 Euro.

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

Stephen
Crane:
  „Die
rote Tapferkeitsmedaille“ Übersetzer Bernd Gockel.

Nachwort Thomas Schneider. Porträt von Rüdiger Barth. Pendragon Verlag. 320 Seiten. 24,70 Euro

KURIER-Wertung: ****

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