Susan Choi: Ob sie jemals Kinder waren?

Susan Choi: Ob sie jemals Kinder waren?
Von Narben, die Teenagerjahre hinterlassen, und der erschütternd unterschiedlichen Rückschau auf scheinbar gemeinsam Erlebtes

Literatur zu lesen, bedeutet, sich in andere Leben einzufühlen, an anderen Schicksalen teilzuhaben und für die Dauer eines Romans mit anfangs Fremden zu leben und ihnen näherzukommen. Lesen macht einen nicht unbedingt zum besseren Menschen, aber es kann Empathie lehren. Wer sich auf einen Roman einlässt, lässt sich auf ein fremdes Leben ein, und zwar auch dann, wenn es sich bei der Hauptfigur nicht unbedingt um einen Sympathieträger handelt. Wir leben eine Zeit lang mit dieser Figur und gehen für gewöhnlich davon aus, dass die Geschichte, die uns erzählt wird, im Rahmen ihres fiktionalen Universums wahr ist. Wir üben uns in Vertrauen. Susan Chois neuer Roman erschüttert dieses Lesevertrauen auf geniale Weise.