Mentoren statt Kritiker
Dieser Tage war der Bestsellerautor zu Gast in Wien beim sogenannten „4Gamechangers“-Festival, wo der KURIER ihn zum Interview traf. Um zu ergründen, worin das Erfolgsgeheimnis dieses Mannes liegt, reichten die vom Management vorgegebenen knapp dreißig Minuten Interviewzeit natürlich nicht. Was man weiß: Fitzek ist wahnsinnig fleißig, er kümmert sich aufmerksam um seine Fans und er hört auf Mentoren – nicht auf Kritiker. Angesprochen auf Literaturkritiker wie Denis Scheck, der Fitzeks Büchern regelmäßig Attribute von „mieser Gewaltporno“ bis „hinterließ keinen bleibenden Eindruck bei mir“ verleiht, wirkt Fitzek, der selbst einmal eine TV-Show moderiert hat und ein gewiefter Gesprächspartner ist, einen Wimpernschlag lang ein kleines bisschen unsouverän. „Gibt’s den Scheck überhaupt noch?“, fragt er und setzt nach, dass er an den Beruf des Film- oder Literaturkritikers nicht glaube, auch er sei Filmkritiker, wenn er ins Kino gehe.
Der Kupfergeruch im Blut
Fitzek lässt sich sehr wohl etwas sagen, aber eben nicht von Kritikern, sondern von Leuten, die ihm wertvolle Hinweise geben. Lektoren etwa. Bei jedem Buch habe er 150 kritische Anmerkungen. Dazu kommen Hinweise von Lesern, die er liest und überprüft. Einmal hat er vom „Kupfergeruch“ im Blut geschrieben. Ist natürlich das falsche Metall. Eisen ist richtig, aber diesen Fehler, sagt Fitzek, habe auch schon Stephen King, eines seiner großen Vorbilder, gemacht. Ein anderes war der 1995 verstorbene Schriftsteller Michael Ende, dem 1979 mit „Die unendliche Geschichte“ ein Welthit gelang. Endes Lektor ist nun Fitzeks Lektor. Es gebe Regeln, an die man sich halten solle, sagt Fitzek. Nummer eins: „Achte nur auf die Meinung von Menschen, die dort sind, wo du hin willst, oder dort stehen, wo du gerade bist. Wenn mir jemand, der 40 Bestseller geschrieben hat, etwas sagt, dann achte da drauf. Aber das Leben ist zu kurz, um anderen gefallen zu wollen.“
Sebastian Fitzek, geboren 1971 in West-Berlin, gilt als Deutschlands erfolgreichster Autor. Seit seinem Debüt „Die Therapie“ vor 18 Jahren hat er mit all seinen Romanen einen Fixplatz in den Bestsellerlisten. Seine Bücher erscheinen in sechsunddreißig Ländern, viele sind verfilmt worden. „Die Therapie“, seit 2023 als Miniserie bei Amazon Prime zu sehen, war auf Anhieb die meistgesehene deutsche Serie.
Warum kriegen die Leute nicht genug vom Fitzek-Horror? „Die Welt wird gefühlt immer komplizierter. Ein Buch scheint Antworten zu geben. Das ist einer der Gründe, warum die Leute Psychothriller lesen. Es ist eine Art Katharsis.“ Vor allem aber beschäftige sich ein guter Thriller mehr mit dem Leben als mit dem Tod. Um das Leben zu schützen, müsse man sich auf den „Angriff, auf das Böse“, konzentrieren. Trotzdem sei „das Böse“ nicht die Regel. „Zu sagen, du darfst Wasser trinken, ist nicht aufregend. Aber davor zu warnen, was man nicht trinken darf, ist eine wesentliche Information.“
„Ich bin Optimist“
Nicht zuletzt deshalb gehen Fitzek-Krimis dann ja meistens halbwegs gut aus. Nicht zu sehr, das wäre weltfremd, aber ganz okay. „Ich bin schließlich Optimist“, wird er am Ende des Interviews noch sagen. Nicht, dass man davor daran gezweifelt hätte. Bis auf den kritischen Kritiker-Moment („Von denen höre ich immer nur, wenn ich mit Journalisten rede“), wirkt der vierfache Vater aufgeräumt, er hat gewiss alle Fragen, die in den dicht getakteten Interviews dieses Vormittags gestellt werden, schon oft gehört, lässt sich das aber nicht anmerken.
Ob seine Kinder Papas Ausführungen über das „Böse“ lesen dürfen? Er würde diese Bücher grundsätzlich niemandem unter 14 empfehlen. Seine Kinder haben bisher nur sein Sachbuch „Fische, die auf Bäume klettern“ und das Kinderbuch „Pupsi und Stinki“ gelesen.
Vergangenen Herbst veröffentlichte Fitzek den Thriller „Die Einladung“. Blut spritzt hier das erste Mal auf Seite 16: „Dann stach er zu. Einmal. Zweimal. Das Eindringen der Klinge hörte sich an, als würde er eine geschälte Orange mit bloßen Händen zerquetschen.“ Muss man mögen, mögen viele. Noch mehr mochten vergangenes Jahr aber Fitzeks Buch „Elternabend“, untertitelt „Kein Thriller“, was viele Eltern und Lehrer vielleicht überrascht hat. „Das ist eine Komödie, die ich mir vom Herzen geschrieben habe. Als Vater von vier Kindern war ich auf vielen Elternabenden. Zuerst dachte ich, ich mache einen Thriller daraus, aber was ich dort erlebt habe, war so absurd, das hätte mir im Thriller keiner geglaubt. ,Elternabend’ war 2023 das erfolgreichste Buch im ganzen deutschsprachigen Raum. Ich dachte kurz, ich sollte vielleicht das Genre wechseln.“ Hat Fitzek manchmal genug von Mord und Totschlag? „In der Pandemie hatte ich tatsächlich die Schnauze voll und hab was Lustiges geschrieben, aber bald bin ich draufgekommen: Der Tod lässt mich nicht los. Man braucht immer einen Ausgleich.“