„Schlaglicht“ erzählt von einer Gruppe junger Frauen zwischen 15 und 19, die in „Bobs Boxpalast“ in Reno, Nevada, gegen einander im Daughters of America Cup kämpfen. Vorher mussten sie der Jugendliga fürs Frauenboxen beitreten, einem „Pseudo-Sportverband“, denn eigentlich ist das öffentliche Interesse für die jungen Boxerinnen enden wollend und auch Boxpalast-Chef Bob, der grundsätzlich keine Frauen coacht, ist es ziemlich egal, wer hier gewinnt.
Keine braven Mädchen
Jede der acht jungen Frauen, von denen manche tagenlange Autofahrten für diesen Wettkampf auf sich genommen haben, hat ihre eigene Motivation, in den Ring zu steigen. Artemis Victor stammt aus einer Familie von Boxerinnen, sie will ihre Schwestern übertrumpfen. Für Tanja Maw ist Boxen besser, als mit dem Vater allein Zuhause zu sein, und Iggy Lang boxt nicht zuletzt wegen ihrer schiefen Zähne, die der Mundschutz beim Wettkampf verbirgt. Andi Taylor versucht, die Erinnerung an den toten Buben, den sie als Rettungsschwimmerin nicht rechtzeitig aus dem Wasser ziehen konnte, aus ihrem Kopf zu boxen, und Rachel Doricko ist allein schon wegen ihrer Horde älterer Brüder fürs Boxen prädestiniert.
Gemeinsam haben sie, dass keine „ein braves Mädchen“ sein will. Und jede dieser kämpfenden jungen Seelen trägt eine ganz eigene Verzweiflung in sich, die Rita Bullwinkel in den nach Boxkämpfen unterteilten Kapiteln wie Kurzerzählungen beschreibt. Zugleich gibt sie auch immer wieder Ausblicke auf die Zukunft. Wie die tänzelnden Vorwärts- und Rückwärtsbewegungen im Boxsport ist dieser Roman aufgebaut. Zeitsprünge, Vorschauen, Rückblicke. Man erfährt, woher die Mädchen kommen und was aus ihnen wird. Hochzeitsplanerin, Schauspielerin, übergewichtige Fitnesscenter-Besitzerin.
Es gibt so gut wie keine Zuschauer in diesem Wettkampf und zu gewinnen bloß einen billigen Plastik-Pokal. Trotzdem kämpfen die jungen Frauen „wie Auftragskiller“, denn, wie so oft in der Sport-Literatur, geht’s hier um das Leben an sich. Um den Überlebenskampf. Wer trainiert, der hat sein Leben in der Hand und kann, so die Illusion, seine Zukunft beeinflussen.
Was Rita Bullwinkels stellenweise etwas bedeutungsüberladenen Roman von dem vielem, das bisher über das Boxen geschrieben wurde, von Ernest Hemingway bis zu Joyce Carol Oates, unterscheidet? Es geht hier nicht ums Zuschauen. Hier steht man mitten im Ring.