Er, das ist Joe Jacobs, ein aus Polen gebürtiger Londoner Schriftsteller, der unter Depressionen leidet und Gedichte darüber schreibt, die ihn berühmt gemacht haben.
Kitty hat möglicherweise einen Sprung in der Schüssel, weswegen sie überzeugt ist, eine Seelenverwandte von Joe zu sein. Warum sich auch Joes Frau an der absehbaren Katastrophe beteiligt, indem sie Kitty ein Zimmer in der Ferienvilla der Familie anbietet, ist nicht ganz klar. Möglicherweise will sie Joe ja selbst loswerden.
Für ihr raffiniertes Kammerspiel „Heim schwimmen“, das auf Deutsch erstmals 2013 erschien und nun neu aufgelegt wurde, heimste die 1959 in Johannesburg geborene Britin Deborah Levy viel Lob ein, das sich nicht zuletzt in einer Nominierung für den Booker Prize ausdrückte. Zu Recht, denn Nizza und die Cote d’Azur sind zwar nicht gerade seltene Krimi-Schauplätze, aber die Familienabgründe, die sich hier rund um eine etwas ungepflegte Ferienvilla auftun, sind finster wie das Wasser im verdreckten Swimmingpool und eine wirklich spannende, böse Urlaubslektüre.
Als Hommage verkleidet
Über ihre künstlerischen Vorbilder und Ambitionen schreibt Schriftstellerin Deborah Levy nun in ihrer soeben erschienenen Essay-Sammlung „Die Position der Löffel“. Neben eigenen Erinnerungen kommen Autorinnen und Kunstschaffende, die sie prägten, darin vor: Colette, Marguerite Duras, Simone de Beauvoir, Lee Miller oder Francesca Woodman. Ähnlich wie die Niederländerin Connie Palmen in ihrer im Frühjahr erschienenen Hommagen-Sammlung „Vor allem Frauen“ widmet Levy den Künstlerinnen sehr persönliche Porträts, die von ihrer eigenen Biografie maßgeblich mitgestaltet sind.
So beeindruckte die Pariser Schriftstellerin Colette (1873–1954), in Frankreich Grand Officier der Ehrenlegion und erste Frau, die ein französisches Staatsbegräbnis bekam, die junge Deborah Levy zunächst vor allem dadurch, dass sie mit ihren kajalumrandeten Augen „wie ein Filmstar“ aussah.
Welche literarischen und biografischen Grenzüberschreitungen die Pariserin gewagt hatte, wurde ihrer Verehrerin Levy erst später klar. Diese als Hommage verkleidete Petitesse ist entwaffnend ehrlich, denn die manchmal banalen Gründe, warum man sich in Autoren verliebt, werden selten so deutlich ausgesprochen.
Anders Levys Einwürfe zum literarischen Futuristen J. G. Ballard, dem mit „Crash“ 1973 ebenfalls eine Grenzüberschreitung gelang. Der Autor bezeichnete seinen posttraumatischen Roman selbst als „ersten pornografischen Roman, der auf Technologie beruht“. Levy, andernorts Meisterin der Selbstoffenbarung, zeigt sich hier als profunde, faktenbasierte Literaturkennerin.
Insgesamt wirkt diese Sammlung ein bisserl gar zusammengewürfelt. Sie enthält irgendwie alles, in Andeutungen. Vom Glyziniendüngen bis zum Ende einer Ehe, von Camus bis Prinzessin Diana – zu der Levy der vielleicht klügste Satz einfiel, der jemals über die Unglückliche geschrieben wurde: „Diana ist die Prinzessin, dank der sich jedes junge Mädchen zweimal überlegte, ob sie sich ein Diadem zum Geburtstag wünschen soll.“