Buchkritik: Sylvain Prudhomme und "Allerorten"

Buchkritik: Sylvain Prudhomme und "Allerorten"
Gehören wir zu den Bleibenden? Oder doch eher zu den Gehenden?

Zum Beispiel bei Frank McCourt wurde gern betont, erst mit 65 habe er seinen ersten Roman geschrieben, „Die Asche meiner Mutter“. Und? Ist das nicht der Weg: zuerst leben, reisen – und dann sitzen und schreiben? Oder ist Schreiben das Leben?

Der Anhalter

Als der Schriftsteller Sacha das laute Paris verlässt und in eine Kleinstadt zieht, um zu schreiben, trifft er auf seinen Jugendfreund, der zwar jetzt, mit 40, Frau und Sohn hat, aber noch immer als „Anhalter“ bestens charakterisiert wird: Alle paar Tage muss er autostoppen, wobei es ihm nicht ums Wohinkommen geht – die Autofahrer(innen) sind sein Ziel, wichtiger als seine Familie. Und er fährt schon wieder weg, Sacha kommt der Ehefrau des „Anhalters“ näher. Nah. Aber hallo, sagt der kleine Sohn, der Papa ist ja nicht tot!

Schwebend in die Tiefe gehen: So lässt man sich vom Franzosen Sylvain Prudhomme (Foto oben) die Frage stellen, ob man zu den Gehenden oder Bleibenden gehört.

 


Sylvain Prudhomme:
„Allerorten“
Übersetzt von
Claudia Kalscheuer.
Unionsverlag.
256 Seiten.
22,70 Euro

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

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