Bogdan Roščić: „Die Staatsoper spricht mit der Welt“
Am 7. September nahm die Staatsoper den Spielbetrieb auf – mit der Premiere von „Madama Butterfly“. Zugleich setzte Bogdan Roščić mit einer Lichtinstallation des Grazer Designers Alexander Kada ein weithin sichtbares Zeichen: Aus den fünf Bögen der Loggia über dem Haupteingang leuchtete das Wort OFFEN. Es signalisierte nicht nur, dass die Staatsoper nun, nach der Sommerpause, wieder geöffnet war, sondern auch, dass sie Corona trotzte.
Die fünf LED-Leuchtlinien vermögen aber weit mehr: Als computergesteuerte Matrix können sie jeden Buchstaben darstellen. Damit dient die Installation als Kommunikationskanal: „Die Staatsoper spricht auch als Gebäude mit der Welt“, meint Roščić. „Diese Möglichkeit war mir wichtig.“ Daher folgte schon wenige Wochen später, nach der neuerlichen Schließung aller Veranstaltungsstätten, die Botschaft STUMM. Und noch später die Durchhalteparole ALLES WIRD GUT.
Im KURIER-Gespräch erklärt Roščić, wie er auf diese digitale „Wandzeitung“ gekommen ist: „Beim Sinnieren darüber, wie das Haus besser mit seiner Umgebung in Kontakt treten soll, ist mir aufgefallen, dass die Schwindloggia fünf Bögen und das Wort OFFEN fünf Buchstaben hat. So nahm das Ganze seinen Lauf. Ich kannte Alexander Kada aus anderen Zusammenhängen – und wusste daher, dass er der richtige Mann ist. Denn er arbeitet multidisziplinär. Die Installation hat einen stark technischen Aspekt, ist aber auch eine künstlerische Intervention.“
Kada gestaltet z. B. die schönsten Bücher Österreichs, er sorgt für die Architektur großer Ausstellungen, er designt leicht verständliche Betriebsanleitungen; und 2003, als Graz Kulturhauptstadt war, realisierte er unter dem Titel „Die gespiegelte Stadt“ ein begehbares Environment aus riesigen Spiegelflächen.
„Tolles Werbemittel“
Das Denkmalamt genehmigte Kadas leicht demontierbare Installation einstweilen bis zum Sommer 2022 – unter gewissen Auflagen. „Sie darf nicht permanent, sondern nur von Oktober bis Ende April hängen“, so Roščić. „Ich will auch gar nicht, dass sie immer in Betrieb ist.“
Das sei wie mit den „Czech-Vitrinen“, den Verglasungen von Hermann Czech für den Winter: „Man freut sich irgendwann, wenn man die Oper auch ohne sie sieht. Also: Das soll kein Dauerzustand werden. Aber wenn man in der dunkleren Jahreszeit gute Ideen für diese Installation hat: Warum nicht? Sie ist ein tolles Werbemittel.“
Noch dazu eines, das so gut wie nichts kostet. Denn aufgrund des ersten Lockdowns im Frühjahr wurden die „Czech-Vitrinen“ nicht demontiert – und mussten daher im Herbst nicht wieder eingesetzt werden. „Das hat uns viel Geld erspart. Fast exakt so viel, wie Kadas Matrix gekostet hat.“ Eine genaue Summe will Roščić nicht nennen, sie liege deutlich unter 100.000 Euro.
Die dezent eingepassten Leuchtlinien könnten recht einfach programmiert werden, der Gestaltungsspielraum sei enorm: „Wir sind frei in den Farben, in der Art der Animation und in der Geschwindigkeit. Soll unsere Botschaft in Laufschrift vorbeirollen? Oder in Blocks aufleuchten? Sollen die Wörter blinken? Man kann sich unglaublich vielfältig spielen. Das ist genial!“
„Weltweit geteilt“
Theoretisch könnte Roščić auch allein Kommentare „posten“ – wie Donald Trump auf Twitter. Aber das kommt für ihn nicht infrage: Er überlegt sich die Messages zusammen mit seinem engsten Team oder macht Vorschläge. Und die Resonanz sei, sagt der Direktor, unglaublich: „Wir erreichen damit auch Menschen, die sich normalerweise nicht für die Oper interessieren.“
Nach dem Tod des US-Rockgitarristen Eddie Van Halen („Jump“) am 6. Oktober war auf der Fassade der Staatsoper „R.I.P. EDDIE“ zu lesen. „Das wurde über Social Media weltweit geteilt. Eben weil plötzlich so ein erhabener Marmorpalast im alten Europa – aus amerikanischer Sicht – eine solche Hommage in die Nacht gefunkt hat.“
Das Projekt soll auch etwas Verspieltes haben, wie Roščić erklärt: „Die Ankündigung JONAS SINGT hat sogar Kaufmann verblüfft: Er hat sie sofort abgefilmt und z. B. auf Instagram gepostet. Das ist gut für das Haus. Wir haben aber auch schon nach einer Vorstellung ganz schlicht für den nächsten Tag Werbung gemacht. Indem wir den jeweiligen Werktitel aufleuchten lassen.“
Sehr gut würde sich HEUTE TOSCA ausgehen, MORGEN TOSCA wäre schwieriger. Aber Roščić findet nichts dabei, Vokale wegzulassen. Also MORGN TOSCA zum Beispiel. Auch ANNA SINGT oder PIOTR SINGT wären möglich. „Aber wir werden uns nicht wiederholen. Und es soll nicht berechenbar werden. Gerade haben wir beschlossen, was wir rund um diese beiden Namen machen wollen. Das wird gut!“
„Wir kommen wieder!“
Eigentlich wollte sich Roščić nach der letzten Vorstellung vor der neuerlichen Zwangsschließung, also am 2. November, mit dem Terminator-Sager I’LL BE BACK verabschieden. „Aber genau an diesem Abend fand der Terroranschlag statt. Das ist kein Moment für Wortspiele. Wir haben es also bleiben lassen.“
Rošcic hat die Parole daher erst vergangene Woche eingesetzt – nach der Entscheidung der Bundesregierung, den Lockdown für die Theater bis ins Jahr 2021 zu verlängern. Denn: „Dieses Haus ist nicht unterzukriegen. Wir kommen wieder!“
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