„Bilder der fließenden Welt“: Japanische Druck-Kunst im MAK

„Bilder der fließenden Welt“: Japanische Druck-Kunst im MAK
Das Museum für angewandte Kunst zeigt die Faszination des Farbholzschnitts einst und jetzt

Traditionelles Handwerk und digitale Technik – der Farbholzschnitt in Japan. Von Kuniyoshi um 1830 bis 1850 und bis zu modernen Sujets mit David Bowie und Basketballstars: Zwei Ausstellungen zu einem Thema zeigt das Museum für angewandte Kunst (MAK) aus der eigenen Sammlung.

Japanische Druckgrafiken einmal von Utagawa Kuniyoshi (1798 – 1861), mit Hiroshige und Kunisada einer der angesehensten und wichtigsten Farbholzschnitt-Künstler seiner Zeit und enorm vielseitig in der Auswahl seiner Motive: Landschaften („Tokaidô-Serie“), Szenen des Kabuki-Theaters, Porträts von Schauspielern und schöne Frauen, Fürsten, Krieger und Helden, Scherz- und Katzenbilder.

„Bilder der fließenden Welt“: Japanische Druck-Kunst im MAK

Historisch

Sein Lebenswerk wird auf etwa 10.000 Holzschnitt-Entwürfe geschätzt. Von den 600 Blättern der MAK-Sammlung präsentiert die Schau „KUNIYOSHI + Design und Entertainment im japanischen Farbholzschnitt“ (bis 16. 2.) in acht Kapiteln eine Auswahl an 130 künstlerisch und technisch innovativen Drucken, ganz im Zeichen des Jubiläums 150 Jahre Freundschaft ÖsterreichJapan.

„Sie zeigt ein Spiegelbild städtischen Lebens in der Hauptstadt Japans, Edo“, sagt MAK-Direktor Christoph Thun-Hohenstein, „ein Spiegelbild der großen gesellschaftlichen Umwälzungen des 19. Jahrhunderts.“

„Bilder der fließenden Welt“: Japanische Druck-Kunst im MAK

Die Quellen

Die Basis für die mehr als 4.300 Farbholzschnitte umfassende MAK-Sammlung legten zwei Privatsammler: 1907 übernahm das Haus die Kollektion von Heinrich Siebold (1852 – 1908). Er war ab 1869 Dolmetscher in Japan und 1873 Begleiter der japanischen Delegation nach Europa und zur Wiener Weltausstellung. Der Nationalökonom Richard Lieben (1842 – 1919) vererbte seine Bestände dem Museum.

Ab 1840 sind viele Entwürfe Kuniyoshis von der westlichen Mal- und Grafikkunst beeinflusst. Er selbst besaß viele westliche Stahlstiche, die er wertschätzte , wie die europäischen Impressionisten später die japanischen Grafiken bewunderten.

Der westliche Einfluss zeigt sich bei Kuniyoshi-Prints vor allem im Gebrauch der Perspektive, bei der Art der Wolkenzeichnung und dem Versuch, Effekte von Licht und Schatten zu erzielen. Außerdem kommen synthetisch hergestellte Farben – wie das aus Europa importierte „Preußischblau“ – zur Farbpalette der Japaner. Und das MAK zeigt die neue Art der Kolorierung bei Kuniyoshi.

Neben den für Kuniyoshi typischen dynamischen, mit zahlreichen fantasievollen Details versehenen Darstellungen von Samurai, Schlachten, Traumbildern und Geistergeschichten, neben den Ukiyo-e (Japanisch für „Bilder der fließenden Welt“) in der Edo-Epoche (1603-1868) schlägt die zweite Schau „UKIYOENOW. Tradition und Experiment“ eine Brücke zur Moderne dieser Kunstform.

Blick auf das Heute

„Bilder der fließenden Welt“: Japanische Druck-Kunst im MAK

Wobei sich zeigt: Die oft drastische, ausdrucksstarke Bildsprache von einst wird in der Populärkultur sehr geschätzt. Vor allem die Arbeiten von Kuniyoshi in ihrer ironischen bis grotesken Überzeichnung wirken wie Vorläufer oder frühe Beispiele der heute so beliebten Manga („komische“ oder auch „ungezügelte Bilder“, japanische Comics). Und bis heute haben die Werke des Ukiyoe-Künstlers Kuniyoshi größten inspirierenden Einfluss auf die internationale Tattoo-Szene.

David Bowie und Kiss

„Bilder der fließenden Welt“: Japanische Druck-Kunst im MAK

Die zweite Schau „beschäftigt sich auch mit der Frage, wie die Gegensätze Handwerk und Digitaltechnik, lokal und global sich auf die Ukiyo-e auswirken“, erklärt Kuratorin Mio Wakita-Elis.

Die Tradition des Farbholzschnittes in der Gegenwart findet sich bei Masumi Ishikawa und Megumi Oishi vom 2014 gegründeten Ukiyo-e-Project. David Bowie oder Kiss fungieren hier als Bildträger in der Ästhetik der alten Edo-Zeit.

Und Humor ins Genre bringt der gebürtige Australier und Grafikdesigner Andrew Archer, Jahrgang 1986: Er setzt weniger die Holzschnitttechnik als die Ästhetik und Ikonografie der Ukiyo-e fort und kreiert seine Sujets digital, indem er in seiner bisher umfangreichsten, seit 2013 erscheinenden Serie „Edo Ball“ Basketball und klassische Ukiyo-e kongenial vereint.

„Durantula“ zeigt den Basketballstar Kevin Durant als Spinne, „Dirkiryo“ den deutschen Spieler Dirk Nowitzki im Kampf mit einem Skelett.

Im Kunst- und Antiquitätenhandel werden aber auch Original-Prints von Kuniyoshi angeboten. In Wien etwa in der auf Asiatika spezialisierten Galerie bei der Oper schon ab 280 Euro.

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