Biennale Venedig 2026: Florentina Holzinger gestaltet Österreich-Beitrag
Die Entscheidung sei bereits vor Weihnachten gefallen. Aber es hätte Probleme gegeben, einen Termin zu finden. Danach überschlugen sich die politischen Ereignisse. Und nun lud Noch-Kulturminister Werner Kogler (Grüne) zu einer eilig einberufenen Pressekonferenz ein. Sie fand am Donnerstag zeitgleich mit der lange fixierten Pressekonferenz von MAK-Direktorin Lilli Hollein statt.
Dass Kogler, der für die Bundesmuseen zuständig ist, seiner Direktorin derart in die Parade fährt, hat einen Grund: Er beauftragte Florentina Holzinger, Star der Performanceszene, mit dem österreichischen Beitrag für die Kunstbiennale 2026 in Venedig. Es hatte 53 gültige Einreichungen gegeben, die Wahl der Jury mit Gabriele Spindler als Sprecherin fiel einstimmig.
Es ist vorstellbar, dass die FPÖ die Entscheidung nicht goutieren wird. Für „Rambazamba“, so Koglers Wortwahl, ist also gesorgt: Einen solchen werde es vonseiten der Grünen geben, falls irgendjemand auf die Idee kommen sollte, den „spektakulären“ Beitrag zu verhindern. Das Budget wurde gegenüber 2024 um 50.000 Euro angehoben, es beträgt nun 600.000 Euro, die Zusage werde „rechtsverbindlich“ sein. Als Kuratorin fungiert Nora-Swantje Almes, die im vergangenen Sommer in der Bergen Kunsthall mit Holzinger die „Hafen-Etude“ realisierte.
Die Wiener Choreografin und Tänzerin, soeben 39 Jahre alt geworden, wurde erst kürzlich vom Kunstmagazin Monopol zur einflussreichsten Künstlerin des Jahres 2024 gekürt. Zuletzt sorgte sie mit „Sancta“ (die Produktion war bei den Wiener Festwochen zu sehen) für gehörig Aufregung. Davor hatte sie mit „Ophelia’s Got Talent“ begeistert: In dieser „Show“ beschäftigte sie sich variantenreich mit dem Element Wasser.
Die umfangreichen Recherchen von damals werden in den Beitrag für Venedig im Wortsinn einfließen. Der Arbeitstitel lautet „Seaworld Venice“, Florentina Holzinger wird den österreichischen Pavillon bespielen – und Aktionen in der Lagune veranstalten. „Es kann sein, dass man nicht nur zusieht, sondern auch nass wird.“
Das könnte auch für jene Politikerinnen und Politiker gelten, die zur Eröffnung anreisen: „Ich werde zum Tauchgang einladen, höchstpersönlich, und hoffe, dass dadurch eine Konversation entsteht, die zu etwas führt.“
Es ist anzunehmen, dass Holzinger ihren radikalen Prinzipien treu bleiben wird. Seit Jahren arbeitet sie mit einem inklusiven Ensemble, ihre Darstellerinnen, Artistinnen und Stuntwomen agieren nackt. Schon dies ist für manche eine Herausforderung. Hinzu kommen aktionistische Elemente: Quasi vor den Augen des Publikums wird die Haut geritzt, durchstochen, tätowiert.
Sie habe keine Bedenken, 2026 als Vertreterin eines von einer möglicherweise rechts-konservativen Regierung geführten Landes anzutreten, sagte Holzinger bei der Pressekonferenz auf Nachfrage. „Als Künstlerin beobachte ich immer das politische Klima und potenzielle Konsequenzen.“ Für sie sei es „enorm cool“, in so einer Situation Österreich „mit einer radikalen und feministischen Position“ in Venedig zu vertreten. Sie suche lieber die Konfrontation, als vor dieser wegzulaufen. Kogler fasste es mit einem Satz zusammen: „Möglicherweise brauchen wir genau diese Art von Kunst in den nächsten Jahren noch viel dringender als bisher.“
Insgesamt fühlt man sich an die schwarz-blaue Wenderegierung erinnert: Elisabeth Schweeger präsentierte 2001 als Kommissärin u. a. die Gruppe Gelatin (sie gestaltete ein Feuchtbiotop) – und verbat sich einen politischen Eröffnungsredner. Staatssekretär war damals Franz Morak, die Stimmung enorm aufgeheizt – auch wegen einer Plakataktion von Julius Deutschbauer.
Kommentare