Berlinale: Kaurismäki lieferte einen klaren Bären-Favoriten

Aki Kaurismäki erzählt schmerzlich-komisch von der Odyssee eines syrischen Flüchtlings in Helsinki: „Die andere Seite der Hoffnung“
Formschön, lakonisch-lustig und dabei trotzdem schmerzhaft: "Die andere Seite der Hoffnung"

Bislang gab es kaum einhellige Favoriten-Filme im Wettbewerb um den Goldenen Bären, doch jetzt gibt es einen, auf den sich alle einigen können: Aki Kaurismäkis formschönes, lakonisch-lustiges und dabei trotzdem schmerzhaftes "Die andere Seite der Hoffnung" gefällt praktisch jedem. Und man muss sich nicht einmal dafür genieren.

Der stoische Kaurismäki, spätestens seit "Das Mädchen aus der Streichholzfabrik" weltweit anerkannter Kult-Finne, erzählt von einem syrischen Flüchtling in Helsinki. Kaum ist er dort gelandet, soll er auch schon wieder abgeschoben werden. Er taucht unter und findet in einem herunter gerockten Restaurant einen Job als Mädchen für alles. Als Inspektoren im Lokal eine Razzia durchführen, müssen auf der Toilette verschwinden: die Aschenbecher, ein kleiner Hund und der Flüchtling (mitsamt summendem Staubsauger).

Kaurismäki erzählt in seinen für ihn typisch aufgeräumten Bildern, die er in herrliche Melodramenfarben der Fünfziger Jahre taucht und mit skurrilen Humor unterspickt.

Unlustig wird es, wenn finnische Rechtsradikale den jungen Syrer mit Benzin überschütten und anzünden wollen. Bei der Pressekonferenz, wo Kaurismäki mit Jubelgeschrei begrüßt wrude, fand er sogleich klare Worte. Ihm gefalle nicht, wie seine Landsleute mit Flüchtlingen umgingen: "Wo, zum Teufel, ist die Menschlichkeit geblieben?" Eine Journalistin will wissen, was er von der "Islamisierung Europas" halte. Diese Frage kommt nicht gut. Er würde keine Islamisierung beobachten, knurrt Kaurismäki. Und: "Island ist gut im Fußball, aber das bedeutet doch auch nicht, dass es eine Islandisierung Europas gibt, oder?"

Für diese Antwort bekam er Szenenapplaus.

Beuys

"Wann hat man den aus der Anstalt entlassen?", will ein empörter Besucher wissen, der gerade eine Ausstellung des deutschen Aktionskünstlers Joseph Beuys im Guggenheim-Museum besucht hat.

Berlinale: Kaurismäki lieferte einen klaren Bären-Favoriten
honorarfrei
Beuys selbst bleibt gelassen: Er bekomme oft Anrufe, wo ihn Leute als Idioten beschimpften. Dann lacht er, der Joseph Beuys. Charismatisch, mit seinem berühmten Hut auf dem Kopf und mit seinem magnetischen Blick.

Der deutsche Regisseur Andres Veiel hat es mit seiner Doku "Beuys" in den Wettbewerb geschafft. Dass er seinen Beuys liebt, ist nicht zu übersehen.

Unverdrossen häuft er Archivbilder aufeinander, beschwört Beuys als hypnotisches Medienphänomen – und verzichtet dabei auf jedwede kritische Auseinandersetzung.

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