Eigentlich hatte Penn – gemeinsam mit Aaron Kaufman – „nur“ ein Porträt über jenen Schauspieler und Komödianten drehen wollen, der zuerst in einer Serie den ukrainischen Präsidenten spielte, bevor er dann tatsächlich Präsident wurde.
Das erste geplante Interview mit Selenskij fand allerdings ausgerechnet an jenem Tag statt, an dem Russland seinen Angriffskrieg auf die Ukraine startete. Der Film nahm eine neue Wendung.
„Superpower“ versteht sich als eine Art Manifest, das dafür plädiert, Selenskij rückhaltlos in seinem Kampf gegen Russland zu unterstützen. Sean Penn selbst spielt dabei eine zentrale Hauptrolle, wirkt immer ein wenig zernepft und hält bei jeder Gelegenheit einen Drink in der Hand. Gemeinsam mit seinem Team befragt er Experten, besucht zerbombte Häuser und wagt sich gefährlich nahe an die Front. Man spürt die echte Betroffenheit und Bewunderung für Selenskij, die Penn antreibt; gleichzeitig zieht er alle Register des großen Kinos, wenn er mit bebender Stimme und Tränen in den Augen seinem Publikum den ukrainischen Präsidenten als Helden der Demokratie ans Herz legt. Bei seiner Eröffnungsansprache hatte Selenskij die Kunst vor eine Entscheidung gestellt: „Spricht sie sich gegen das Böse aus oder hilft sie ihm?“„Superpower“ gibt darauf eine klare Antwort.
Einen Helden der völlig anderen Art macht der US-Filmemacher Alex Gibney zum Thema seiner zweiteiligen Doku „Boom! Boom! The World vs. Boris Becker“, die er für Apple TV+ drehte und deren erster Teil ebenfalls als Berlinale Special gezeigt wurde. Erst kürzlich ist der deutsche Ex-Tennisstar und dreifache Wimbledon-Sieger aus dem Gefängnis in London entlassen worden, nachdem er in seinem Insolvenzverfahren Teile seines Vermögens nicht ordnungsgemäß angegeben hatte.
Gibney holte Becker, den „ersten, guten deutschen Helden nach dem Zweiten Weltkrieg“ kurz vor der Urteilsverkündung zum Interview vor seine Kamera. Becker weint: „Ich habe meinen Tiefpunkt erreicht.“
Wie es dazu kommen konnte, rekapituliert Gibney mit souverän orchestrierter Materialfülle und spannenden Interviews – von Borg bis McEnroe – und kehrt zu den Anfängen des damals 17-jährigen Tenniswunderkinds zurück. Selbsterkenntnis und Selbstverblendung stehen im Zentrum von Gibneys packendem Becker-Porträt. Der erste Teil der Doku nennt sich „Triumph“; für den zweite würde sich „Niedergang“ anbieten.
Kommentare