Muttersöhnchens Rumrevolution

Albert Herring (Sebastian Kohlhepp) bricht unter Alkoholeinfluss aus der Spießergesellschaft aus
Benjamin Brittens "Albert Herring" überzeugt an der Wiener Volksoper in nahezu allen Belangen.

Das hat Charme, das hat Stil, das hat Geist, das Witz. Die Rede ist von Benjamin Brittens Kammeroper " Albert Herring", die nach fast 30 Jahren Absenz (in deutscher Sprache) nun wieder im Haus am Gürtel zu sehen ist.

Und zwar in der bewährten Innsbrucker Inszenierung von Brigitte Fassbaender aus dem Jahr 2012, die auch bei der Wiener Premiere bejubelt wurde. Denn mit diesem Nachtrag zum Britten-Jahr 2013 (100. Geburtstag des Komponisten) hat die Volksoper einen Hit gelandet – in szenischer, aber auch in musikalischer Hinsicht.

Kleinstadtmief

Doch der Reihe nach. Mit dieser 1947 uraufgeführten Oper bleibt Britten – das geniale Libretto stammt von Eric Crozier nach einer Novelle von Guy de Maupassant – seinen Grundthemen treu. Wie in anderen Werken geht es um eine (fiktive) Kleinstadt (Loxford), deren gar nicht so honorige Spießer-Honoratioren und einen Außenseiter, der von allen belächelt wird. Dieser heißt hier Albert Herring, ist ein unterdrücktes Muttersöhnchen par excellence, dem mangels weiblicher Alternativen der Titel des (keuschen) Maikönigs verliehen wird. Ein ihm zum Scherz in seine Limonade eingeflößter Schuss Rum aber lässt Albert ausbrechen. Nach Saufgelagen, Schlägereien und ähnlichen Ausschweifungen jagt Herring die Dorfgesellschaft samt Mutter zum Teufel und findet in der lieben Nancy vielleicht sogar sein Mädchen.

Szenenfotos

Muttersöhnchens Rumrevolution

FOTOPROBE VOLKSOPER: "ALBERT HERRING"
Muttersöhnchens Rumrevolution

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Muttersöhnchens Rumrevolution

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Muttersöhnchens Rumrevolution

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Muttersöhnchens Rumrevolution

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Muttersöhnchens Rumrevolution

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Muttersöhnchens Rumrevolution

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Muttersöhnchens Rumrevolution

FOTOPROBE VOLKSOPER: "ALBERT HERRING"

Ensemblestück

Muttersöhnchens Rumrevolution
APA16966016 - 13022014 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT KI - (v.L.n.R) Martina Mikelic als "Florence Pike", Barbara Schneider-Hofstetter als "Lady Billows" und Birgid Steinberger als "Schulvorsteherin Wordsworth" während der Fotoprobe von Benjamin Brittens "Albert Herring" am Donnerstag, 13. Februar 2014, in der Volksoper in Wien. Die Oper in der Fassung von Brigitte Fassbaender feiert am 15. Februar ihre Premiere. APA-FOTO: HERBERT PFARRHOFER

Eine Komödie mit Happy End und bitterbösen Untertönen, die vor allem ein Ensemblestück ist. Und die Volksoper hat ein wunderbares Ensemble zur Verfügung. An der Spitze der Tenor Sebastian Kohlhepp, der als Albert Herring stimmlich wie darstellerisch zu begeistern weiß. Er ist – wie alle anderen Protagonisten auch – von der Musik präzise charakterisiert, findet in Dirigent Gerrit Prießnitz und dem perfekt einstudierten Orchester ideale Mitstreiter im Freiheitskampf.

Denn Prießnitz und die wenigen Musiker sind allen Singschauspielern eine große Stütze; herrlich geraten die vielen Ensembles und delikaten Zwischenspiele. Dass Prießnitz auch alle Zitate – Britten nimmt selbst Richard Wagner kurz auf die Schaufel – hörbar werden lässt, ist ein zusätzlicher Pluspunkt.

Von dieser melodischen Basis profitieren auch die hervorragende Dorottya Láng als quirlig-süße Nancy und der starke Daniel Ochoa als ihr schelmischer Möchtegern-Freund Sid. Ein Kompliment auch an die drei Kinder des Jugendchors der Volksoper.

Fratzenspiel

Und die Dorfbewohner? Barbara Schneider-Hofstetter, Martina Mikelić, Birgid Steinberger, Morten Frank Larsen, Jeffrey Treganza, Andreas Daum und Elvira Soukop erfüllen ihre Typen mit prallem (auch vokalem) Leben. Sie dürfen in Brigitte Fassbaenders Regie Fratzen ihrer jeweiligen Berufe (Lehrerin, Pfarrer, Bürgermeister, etc.) vor sich her tragen.

Denn in Bettina Munzers Einheitsbühnenbild (inklusive Provinz-Catwalk) ist auch dank einer exzellenten Personenführung viel, aber nie zu viel los. Fassbaender nimmt die "Komödie" ernst, zeichnet ihre Figuren liebevoll nach. Natürlich könnte das alles galliger, härter sein. Brittens Intentionen werden aber auch so perfekt getroffen.

Viel Spaß mit Britten

Werk

Wurde 1947 in Glyndebourne uraufgeführt und war zuletzt 1984 an der Volksoper zu sehen.

Inszenierung

In Tirol erprobt und sehr gut.

Dirigat

Sensibel und extrem uneitel.

Sänger

Ein starkes Ensemble überzeugt.

KURIER-Wertung:

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