BBC als Vorbild: Was man vom "Tantchen" lernen kann

Sherlock: BBC verzichtet auf Werbeeinnahmen, entwickelt aber sehr erfolgreiche Serien- und TV-Formate, die ihr finanziell helfen – sie werden weltweit verkauft.
Die BBC gilt vielfach als Vorbild für eine gebührenfinanzierte Medienorgel. Zu Recht?

Die Lässigen nennen sie "The Beeb", andere sprechen liebevoll von der "Auntie", dem "Tantchen" also.

Doch meinen tun sie letztlich alle dasselbe – zumindest in Großbritannien: Die British Broadcasting Corporation, kurz BBC, das öffentlich-rechtliche Fernsehen.

1922 als Radiosender gegründet, ist die BBC nicht nur die erste und größte öffentlich-rechtlich organisierte Rundfunkanstalt Europas.

Sie ist zudem Vorbild für die Informationsanstalten in Deutschland und Österreich, die nach den bitteren Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs insbesondere einen Zweck erfüllen sollten: der vom Faschismus erstickte politische Diskurs sollte in Breite, Vielfalt und Qualität wieder möglich werden.

BBC als Vorbild: Was man vom "Tantchen" lernen kann
A general view of the headquarters of the British Broadcasting Corporation (BBC) in London on October 30, 2017. / AFP PHOTO / Daniel LEAL-OLIVAS

Obwohl die BBC in ihrem Heimatland zeitlebens und sehr leidenschaftlich kritisiert wird, gilt sie insbesondere in Kontinentaleuropa als Herzeige-Modell für das öffentlich-rechtliche Fernsehen. Geschieht dies zu Recht?

Und in welchen Punkten kann und soll man die BBC mit ORF, ARD oder ZDF vergleichen?

Budget und Finanzierung

Während der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Österreich rund 600 Millionen Euro an jährlichen Gebühren und in Deutschland satte acht Milliarden Euro einhebt, sind es bei der BBC vergleichsweise weniger – nämlich 5,5 Milliarden Euro. Einer der wesentlichen Unterschiede zu Deutschland und Österreich: Die BBC verzichtet auf Werbung und finanziert sich de facto zu 100 Prozent aus Gebühren. Mit den etwas mehr als 12 Euro pro Monat und Haushalt werden zwölf Hörfunk- und sieben digitale Fernsehsender betrieben, zusätzlich entwickelt die BBC Serien-Hits wie "Sherlock" oder "The Night Manager". Diese kann der britische öffentlich-rechtliche Rundfunk allerdings im Unterschied zu deutschsprachigen Produktionen von ARD, ZDF oder ORF aufgrund der englischen Sprache mittlerweile auf der ganzen Welt verkaufen.

Transparenz

Für deutsch-österreichische Verhältnisse ungewöhnlich ist die Transparenz, die in der BBC beim Budget gelebt wird: In den "Annual Reports" werden nicht nur detailliert alle Einnahmen, Ausgaben, Reichweiten und sogar die Minuten ausgewiesen, die ein einzelner BBC-Sender mit seinem Programmen die Kunden unterhält. Die Regierung hat die BBC mittlerweile auch dazu verpflichtet, die Gehälter all jener Mitarbeiter und Stars zu veröffentlichen, die zumindest 150.000 britische Pfund (168.000 Euro) im Jahr verdienen. Die Top-Gage kassiert BBC-Anchorman Chris Evans mit 2,2 Millionen Pfund (rund 2,5 Millionen Euro). Was macht er für dieses Gehalt? Evans moderiert die Morningshow bei Radio BBC 2 und war Moderator der PS-Show "Top Gear".

Nähe zur Politik

Ein wesentlicher Unterschied zu Österreich und Deutschland ist bei der BBC der Einfluss der Politik. Dieser ist, wenn man so will, nämlich durchaus und ganz konkret gegeben. Während die Medienpolitik in Deutschland eine Angelegenheit der Länder und damit de facto der Ministerpräsidenten ist und in Österreich ein vordergründig von den Parteien beschickter Stiftungsrat über den ORF entscheidet, kommt in Großbritannien dem Medienminister eine zentrale Rolle zu: Alle zehn Jahre erstellt er die so genannte Royal Charter. In ihr werden die strategischen An- und Herausforderungen der BBC definiert – bis hin zur Schließung von einzelnen TV- oder Radio-Sendern.

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