Der "Holländer" reist nur noch auf dem Daten-Highway

Der "Holländer" reist nur noch auf dem Daten-Highway
Kritik: Mit dem "Fliegenden Holländer" wurden die 102. Richard-Wagner-Festspiele in Bayreuth musikalisch würdig eröffnet.

Das Gedränge am Eröffnungstag der Bayreuther Festspiele war diesmal durchaus mit jenem in Salzburg vergleichbar. Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, Vizekanzler Philipp Rösler, dazu Minister Guido Westerwelle und andere Polit-Prominente drängten sich vor den vielen Schaulustigen durch das schmale Spalier ins Festspielhaus auf dem Grünen Hügel, wo das Wagner-Festival 200 Jahre nach der Geburt des Komponisten mit dessen „Fliegendem Holländer“ eröffnet wurde.

Der "Holländer" reist nur noch auf dem Daten-Highway

In Bayreuth hat man alles getan, um die Wiederaufnahme der Oper „Der fliegende Holländer“ zu einem beachteten Ereignis zu machen: Am Pult steht mit Christian Thielemann der eigentliche künstlerische Herrscher über den Grünen Hügel; die Aufführung wurde sogar zeitversetzt in der ARD übertragen (wann sieht man schon eine Produktion aus Bayreuth, die nicht Jahrzehnte alt ist, im TV?) Dennoch schienen die meisten in der Wagner-Stadt nur auf eines zu warten: Den Start zur Neuproduktion des „Ring des Nibelungen“ am Freitag.

Die neue Leichtigkeit

Aber bleiben wir noch beim „Fliegenden Holländer“, der zumindest musikalisch begeisterte. Christian Thielemann legte dieses Werk, bei dem so viele Dirigenten verleitet sind, zu üppig, zu vordergründig, zu voluminös zu agieren, zart und sensibel an. Was nichts daran änderte, dass man den peitschenden Sturm sehr wohl zu hören vermochte. Bei dieser Leichtigkeit wurde sogar die Ironie hörbar, mit der etwa Daland fast operettenhaft karikiert wird. Und manche Passagen, etwa Sentas Ballade, zelebrierte Thielemann so langsam, dass er dadurch jedes Detail freilegte – ohne dabei aber auf Dramatik zu verzichten. Dieser Dirigent weiß mit der besonderen Bayreuther Akustik bestens umzugehen.

Nicht alle auf Top-Niveau

Bei den Sängern hingegen agierten nicht alle auf Topniveau (abgesehen vom Chor, dem dies sehr wohl gelang). Samuel Youn, schon im Vorjahr für den zu stark mit verpönten Symbolen tätowierten Evgenij Nikitin eingesprungen, hatte diesfalls für den Holländer zu wenig Kraft und Tiefe. Ricarda Merbeth ist eine schrille und zu stark forcierende Senta, Tomislav Mužek nur ein Mittelklasse-Erik, Franz-Josef Selig ein guter und wortdeutlicher Daland, Benjamin Bruns ein spielfreudiger Steuermann und Christa Mayer eine präsente Mary.

Die Inszenierung von Philipp Gloger ist leicht überarbeitet, deshalb aber immer noch nicht stringent. Sie pendelt zwischen Parodie (Daland ist ein Ventilatoren-Fabrikant) und Effekten. Gereist wird hier nicht mit dem Schiff, sondern auf dem Daten-Highway. Die Buhs gegen den Regisseur fielen aber milder aus als im Vorjahr.

KURIER-Wertung: *** von *****

Mit Spannung wird im Jubiläumsjahr zum 200. Geburtstag von Richard Wagner (1813-1883) die neue "Ring"-Inszenierung von Frank Castorf erwartet. Der Intendant der Berliner Volksbühne gab am Donnerstag Einblicke in seine Interpretation. Zentrale Frage sei für ihn gewesen: "Was ist heute unser Gold?" Es sei das Öl. "Ohne Öl funktioniert nichts." Deshalb sei "Das Rheingold" - der Auftakt zum vierteiligen " Ring des Nibelungen" - an diesem Freitag (26. Juli) an einer Tankstelle an der Route 66 in den USA angesiedelt, weitere Stationen des vierteiligen Zyklus seien Aserbaidschan und die Wall Street. (APA/dpa)

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