Auch Anwältinnen können große Augen haben

Aschenwald
"Omka": Frauen sind nicht die besseren Menschen.

Wenn eine Geschichte mit einem Kind beginnt, dessen Seele im Bauch der Mutter geblieben ist: Ist das große Poesie oder Kitsch? Oder Poesie, die haarscharf am Kitsch vorbeischrammt?

Oder: Es ist wurscht.

Die 31-jährige Zillertalerin Barbara Aschenwald, studierte Literaturwissenschaftlerin, verfasst Lyrik, Prosa und Hörspiele („Manchmal fürchte ich mich vor dem Fleisch, aus dem ich gemacht bin“). Für ihren ersten Erzählungsband „Leichten Herzens“ (2010) wurde Aschenwald, die außerdem Regieassistentin und Öffentlichkeitsarbeiterin bei den Tiroler Volksschauspielen ist, mit dem Jürgen-Ponto-Preis ausgezeichnet.

Jetzt ihr erster Roman, „Omka“.

Unheimlich

Omka ist keine Sympathieträgerin. Sie ist eine Frau, die glaubt, keine Seele zu haben.

Nach einem Badeunfall leidet sie an Gedächtnisschwund und verbringt einige Zeit in der Psychiatrie. Im Spital lernt sie einen Mann kennen, er nimmt sie mit zu sich nach Hause. Omka und der Architekt Josef werden ein Paar. Und das, obwohl sie sich öfters daneben benimmt und ihrem Partner zunehmend unheimlich ist – einmal dreht sie einer Möwe den Hals um. Irgendwann erinnert sie sich wieder, wer sie ist: Anwältin. Von ihren Eltern will sie nichts wissen, sie will sich selbst eine Familie schaffen. Vier Mal wird Omka schwanger und verliert das Kind, dann klappt es, sie bekommen den Buben Jonas. Die Krise: Sie weiß nicht, ob sie das Kind lieben kann.

Ohne zu viel zu verraten: Der seltsame Name „Omka“ ist ein Anagramm.

Auch Anwältinnen können große Augen haben
Aschenwald erzählt ihre gut gebaute, spannende Geschichte sehr routiniert. In einfacher Sprache soll Großes behandelt wird: menschliche Abgründe. Manchmal wirkt das Einfache auch banal. Etwa, wenn erklärt wird, wie es in einem OP zugeht: „Es ist gefährlich, wenn in einen Bereich, in dem sonst nichts Fremdes wie ein Keim oder ein Bakterium hineinkommt, plötzlich ein Haar oder eine Hautschuppe fällt, weil sich dann alles entzündet wie die Haut der Welt bei Nacht.“ Und die Erregung darüber, dass die Protagonistin wie ein Kind aussieht mit ihren großen Augen und trotzdem Anwältin ist: naiv.

Stellenweise gelingt aber Fantastisches: Etwa, als Omka in einem Tagtraum eine Frau am Wasser stehen sieht und beim Näherkommen sich selbst erkennt.

KURIER-Wertung: **** von *****

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