B-Boy Junior kommt nach Wien: Tanzen als Therapie

B-Boy Junior kommt nach Wien: Tanzen als Therapie
Akrobatisch trotz Lähmung: Junior kommt zum Red Bull BC One Camp ins Wiener Volkstheater.

Juniors rechtes Bein mag nicht mehr. Er zieht es hinter sich her, so, als wäre es kein Teil von ihm. Ist es genau genommen auch nicht, denn es ist seit Kindesalter gelähmt. 1981 löste bei dem im Kongo geborenen Junior das Poliovirus eine Kinderlähmung aus. Während das für viele ein Leben im Rollstuhl bedeutet, kämpft er bis heute auf seine eigene Art und Weise gegen dieses Schicksal an

Die ersten Breakdance-Erfahrungen machte Junior, als er mit seinem Vater im Alter von fünf Jahren nach Saint Malo, eine kleiner Hafenstadt im Nordwesten Frankreichs kam, wo er später in einer Pflegefamilie aufwuchs. „Ich war ein sehr schüchterner, zurückgezogener Mensch. Breakdance hat das geändert, es war wie eine Therapie für mich“, sagt Junior im KURIER-Interview.

Er trainierte so lange, bis er auf seinen Armen gehen konnte und entwickelte nach und nach seinen ganz eigenen Tanzstil: „Mein Körper hat mich dazu gezwungen. Natürlich gibt es Dinge, die ich nicht tun kann. Aber deshalb bin ich noch lange nicht behindert.“

B-Boy Junior kommt nach Wien: Tanzen als Therapie

Förderer

Mitte der Nullerjahre wurde Junior in Paris Teil der Breakdance-Crew „Wanted“ und erkannte dabei schnell, dass das Tanzen nicht nur ein Ausweg aus seiner Zwangslage ist, sondern sich damit auch Geld verdienen lässt. „Ich habe Freunde, die bereits für Madonna getanzt haben. Auch ich bin immer wieder für Popstars im Einsatz“, so Junior.

Vor ein paar Jahren wäre das nicht möglich gewesen, aber mittlerweile können die besten Breakdancer der Welt von ihrem „Hobby“ ganz gut leben. Red Bull ist zugleich Arbeitgeber und Förderer der globalen Breaking-Szene. Auch Junior ist Mitglied der vom österreichischen Energydrink-Konzern gegründeten BC One-Plattform, die weltweit und sehr erfolgreich betrieben wird. „Teil dieser Familie zu sein, war und ist für mich und meinen Lebensumstand wichtig“, erklärt Junior. Neben Projekten und Shows wie „Flying Bach“ werden zahlreiche Wettbewerbe, sogenannte Battles, und seit 2004 auch Weltmeisterschaften ausgetragen.

Im Vorjahr war Junior Teil des fünfköpfigen Juroren-Teams, das beim BC One Weltfinale in Zürich den für Österreich startenden Lil Zoo zum Weltmeister kürte. „Bei diesem Event als Juror dabei zu sein, war eine große Ehre für mich. Einerseits. Andererseits ist mit so einer Aufgabe auch sehr viel Verantwortung verbunden. Denn man entscheidet, wer weiterkommt, wer nicht und wer schlussendlich gewinnt.“

Am 13. April wird Junior dann auch beim Red Bull BC One Cypher Austria im Wiener Volkstheater über Sieg oder Niederlage entscheiden. „Es freut mich sehr, dass meine Meinung wieder gefragt ist.“

KURIER: Auf was achten Sie als Juror besonders?
Junior:
Da es auf diesem Level keine schlechten Breakdancer mehr gibt, machen oft Feinheiten den Unterschied. Ich persönlich sehe mir die Ausführung der Moves an. Sind sie vom Anfang bis zum Schluss ordentlich? Sind die unterschiedlichen Tanzelemente stimmig? Welche Ausstrahlung, Wirkung hat der Tänzer auf das Publikum? Die Balance zwischen kunstvollen Tanzschritten und akrobatischen Figuren muss gegeben sein. Und ganz entscheidend: Wer nicht mit der Musik mitgeht, sondern gegen sie tanzt, hat bei mir schon verloren.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Breakdance-Szene?
In den letzten Jahren hat sich einiges verändert. Die ganze Szene ist professioneller geworden. Die Tänzer haben sich unglaublich entwickelt – körperlich und technisch. Sie haben nun viele Möglichkeiten und ein größeres Repertoire, das sie auf die Bühne bringen können. Das Drumherum, die Shows, das Spektakel und Interesse wird auch immer größer. Dabei gilt es, den Ursprung und den Spirit von Breakdance nicht zu vergessen.

Was meinen Sie mit Spirit?
Es geht um die Ursprünge, die aus dem Hip-Hop kommen. Die Breakdance-Kultur begreift sich als frei von Grenzen der Herkunft, des Geschlechts oder des Alters. Egal, wo auf der Welt ich auch hinkomme, die Breakdance-Community steht für Toleranz und Offenheit. Daher gilt: Was ich als Juror in einem Wettbewerb auf keinem Fall sehen möchte, sind arrogantes Verhalten, Gehässigkeiten, Drohungen und körperliche Übergriffe.

Akrobatisch trotz Lähmung

Camp im Volkstheater
Von 12. bis 14. April werden sich die besten B-Boys und B-Girls (Szenebegriffe für jemanden, der Breakdance aka Breaking tanzt) Österreichs im traditionsreichen Volkstheater auf der Matte messen. Die von Red Bull ins Leben gerufene und ausgetragene Veranstaltung bietet an drei Tagen  viel Action.  Neben der am 13. April stattfindenden Kür zum besten Tänzer bzw. zur besten Tänzerin des Landes (erstmalig wird auch das beste B-Girl Österreichs gekürt werden) gibt es wieder zahlreiche Events und Workshops, in denen sich Hobby-Breaker und mögliche Nachwuchshoffnungen von angesehenen B-Girls und B-Boys Tipps holen können. Unter den Lehrenden ist u. a. der amtierende, in Innsbruck lebende Breaking-Weltmeister Lil Zoo. Abgesehen vom samstägigen Finale ist der Eintritt frei. Einfach im Volkstheater vorbeischauen.

 

 

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