Vorteile, weil diese Produktion nach einer langen Probenphase zumindest auf diese Art doch das Licht der Bühnenwelt erblicken konnte und sich dabei einige Sängerinnen und Sänger profilieren durften. Nachteile, weil Oper im Fernsehen eher einen Placebo-Effekt hat, der das Live-Format kaum ersetzen kann. Auch dann nicht, wenn man vor der Ausstrahlung noch alle Anstrengungen unternommen hat, um diesen „Figaro“ als möglichst packende Fernsehoper zu präsentieren.
Was also konnte man via TV sehen und hören? Zuerst ein Seelendrama. Denn Alfred Dorfer verzichtet bei seiner Interpretation (gemeinsam mit Co-Regisseurin Kateryna Sokolova) auf jede vordergründige Komik. Da ist gar nichts lustig in dem abgewrackten Landhaus, das Ausstatter Christian Tabakoff auf die Bühne gehievt hat. Kaum Requisiten und eine seelische Nachtlandschaft (Lichtspiele: Benedikt Zehm) sind in dieser Deutung zu sehen. Türen öffnen und schließen sich; die Bühne dreht sich oft.
Der Graf ist ein alternder Lüstling, der seine besten Zeiten weit hinter sich hat. Cherubino erinnert ein bisschen an Charlie Chaplin, und überhaupt sind so ziemlich alle geschundene Kreaturen. Bei der Gräfin ist das ja absolut verständlich; bei Susanna und dem emotional am Rande des Vulkans wandelenden Figaro jedoch eher weniger.
Dennoch: Dorfer hat sein Operndebüt trotz einiger Statik absolviert; ein Live-Erlebnis im Theater wäre besser zu beurteilen.
Auch, um sich vom realen Klang des Concentus Musicus Wien unter der Leitung von Stefan Gottfried – im Fernsehen klang das gar etwas brav – überzeugen zu können. Und vor allem, um Florian Boesch als intensiven Graf Almaviva, Robert Gleadow als vokal virilen Figaro und die spielfreudige Patricia Nolz als Cherubino erleben zu können. Luft nach oben haben Cristina Pasaroiu als Gräfin und Giulia Semenzato als Susanna. Das übrige Ensemble (oft mit viel Ausdruck) agiert absolut rollendeckend.
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