„Diese zweite Welle, der zweite Lockdown haben uns mit voller Breitseite erwischt“, sagt Dorfer im KURIER-Interview. Und: „Ich hoffe aber immer noch, dass wir die Produktion irgendwann vor Publikum spielen dürfen.“ Denn, so Dorfer: „Ich bin ja selbst Abonnent im Theater an der Wien und weiß, wie wichtig es ist, ein volles Haus zu haben. Das hätten sich auch die Künstlerinnen und Künstler mehr als verdient.“
Auf der Zielgeraden zur Fernsehpremiere geht es jedoch vorerst um andere Dinge. „Wir müssen die filmische Geste mehr mitbedenken, das bedeutet viel Arbeit mit der Lichtregie und auch mit den Räumen. Denn Close-ups bei Opernübertragungen sind bekanntlich nicht immer so vorteilhaft“, lacht Dorfer.
Doch wie laufen eigentlich die Proben ab? „Wir proben oft mit Masken, werden regelmäßig getestet und versuchen, das umzusetzen, was wir uns vorgenommen haben.“ Und: „Nein, komisch wird dieser Figaro nicht, bestenfalls lustig. Wir pfropfen dem Stück keine zusätzliche Komik auf, das haben Mozart und Da Ponte nicht nötig.“
Dorfer weiter: „Wir haben das Werk nur in ein Landschlösschen der heutigen Zeit verlegt. Der Adel ist der Geldadel, und eine aufgelassene Straßenbahnremise dient uns als eine Art Garten. Und wir haben Wände, die gut fahrbar sind, die stets neue Räume ermöglichen“, sagt der leidenschaftliche Neo-Regisseur.
Aber hat Dorfer nie gezögert, als das Angebot für diese Regie von Intendant Roland Geyer kam? „Ein bissl zögern tut man doch immer. Aber dann habe ich mir gesagt: Gut, ich bin zu Hause mit dieser Oper schon als Kind aufgewachsen – wir haben ,Le nozze di Figaro’ permanent gehört. Natürlich in deutscher Sprache. Die Komplexität und Vielschichtigkeit von Musik und Sprache hat mich immer schon fasziniert. Da braucht es szenisch nicht die Handschrift eines Satirikers. Oper ist die Königsdisziplin und ich nähere mich Mozart und Da Ponte mit großem Respekt.“
Dorfer, der sich mit dem Figaro seit mehr als einem Jahr intensiv beschäftigt: „Ich bin grundsätzlich kein großer Freund von den übergestülpten Regie-Konzepten. Gerade bei Mozart sollte man sich von der Musik tragen lassen.“ Lachend: „Das ist eine Aufgabe, die ich liebend gerne in die Hände von Dirigent Stefan Gottfried, den Concentus Musicus und den Sängerinnen und Sängern lege. Denn Mozart ist für jeden Regisseur ein positives Minenfeld. Da sind ja zahlreiche potenzielle Stolpersteine drinnen.“
Ein Minenfeld, das in Zeiten der Corona-Pandemie sicher nicht harmloser geworden ist. „Jetzt spielen wir vor einem leeren Saal, das Publikum ist ausgesperrt. Aber was passiert in der Kultur danach? Wenn die Theater wieder öffnen können? Trauen sich die Menschen, wieder ins Theater zu gehen? Das wäre für alle lebenswichtig“, so Dorfer, der mit seinem aktuellen Programm „und. . . “ wieder auf Tournee gehen möchte.
Die Zeit des Lockdown nützt der Künstler neben dem letzten Feinschliff an „Nozze“ für die Arbeit an einem neuen Abend und auch ein Buchprojekt nimmt allmählich Gestalt an. Dorfer: „Das wird mit Kommentaren zur Zeit zu tun haben.“ Und große Oper? Hat Dorfer als Regisseur Blut geleckt? Da gibt es einige Stücke, die mich lange begleiten, über die ich nachdenke.“
Zum Beispiel? „Die deutsche Romantik. Etwa Engelbert Humperdincks ,Hänsel und Gretel’, Carl Maria von Webers ,Der Freischütz’ und die Opern von Giuseppe Verdi. ,Traviata’ ,Troubadour’ oder .Rigoletto’ zählen auch zu meinen Favoriten.“
Vorerst aber dreht sich alles um „Nozze di Figaro“: „Ob ich nervös bin? Ja, natürlich, ich bin aufgeregt. Ich hoffe, dass technisch, szenisch und musikalisch alles klappt. Aber wenn ich als Regisseur und als Darsteller eines wirklich gelernt habe, dann das: Man muss immer alles mitbefürchten! Aber wenn es klappt, ist es umso schöner.“
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