Frühes Talent
Der Noch-nicht-einmal-Schulbub merkte da schon, dass er eine „besondere Energie“ hatte. Und er fragte sich, zumindest aus Sicht des heute alten Al: „Warum lachen die? Der Mann kämpft doch um sein Leben.“ Die Episode weist in Pacinos Zukunft – was die Schauspielerei betrifft, aber auch, was die Alkoholsucht betrifft.
Seine Mutter starb, als er 22 Jahre alt war. Bereits zuvor hatte sie einen Suizidversuch überlebt. Dass ihr tatsächlicher Tod wieder ein solcher gewesen sein soll, will Pacino mangels Abschiedsbrief in seiner Autobiografie nicht durchgehen lassen. Mehrfach betont er, dass er seiner Mutter das Leben verdankt. Denn auch wenn sie als alleinerziehende Mutter Unterstützung ihrer eigenen Eltern brauchte, war es doch sie, die ihn davor bewahrte, zu viel mit seinen Freunden herumzuhängen und Unfug anzustellen.
Rettung vor der Überdosis
Unfug konnte in der South Bronx der 1940er nämlich ganz schnell kein Kavaliersdelikt mehr sein. Alle seine Kindheitsfreunde sollten schließlich an einer Überdosis Drogen sterben. Dieser Hintergrund war es aber, der ihm immer wieder beim Verständnis und dem Erarbeiten seiner Rollen half. Allen voran Michael Corleone. „Ich wusste, wie es sich anfühlte, wenn jeder glaubte, man hätte zumindest irgendeine Verbindung zum organisierten Verbrechen. Jeder Name, der auf einen Vokal endete, wurde auf mögliche Verbindungen zu dieser Welt abgeklopft. Anstatt mit Joe DiMaggio verglichen zu werden, wurdest du mit Al Capone in einen Topf geworfen.“
Apropos Italiener: Die Fürsorge der Familie hörte nicht auf, als Pacino schon ein berühmter Filmstar war. Einmal, als er mit seiner damaligen Freundin Diane Keaton seine Großmutter in New York besuchte, steckte diese ihm ein Kuvert zu. Darin waren 600 Dollar. „Kauf dir was Anständiges zum Anziehen“, meinte die Großmutter. Übrigens war auch Diane Keaton eine der Personen, die Pacino unter die Arme gegriffen hat. Als er kurz vor der (zweiten) Pleite gestanden ist, blaffte sie seinen Finanzberater an, ob er nicht wisse, wer der Mann sei. Die Antwort, die sie hören wollte, war nicht „Mr. Pacino“, sondern „ein Idiot“, dem man bei pekuniären Belangen dringend helfen müsse.
Trockener Humor
Es sind diese uneitlen Schilderungen, die Pacinos Memoiren so lesenswert machen. Der Schauspieler erzählt seine Lebensetappen: die Jobs, die er hatte, um sich ein Leben als Jungschauspieler leisten zu können (Platzanweiser, Hausmeister, immer gefeuert), die Filme, die er nicht machen wollte (zu Recht und zu Unrecht – „Star Wars“ zum Beispiel lehnte er ab, weil er das Buch nicht kapiert hat), die Konflikte, die er mit Regisseuren oder Studios ausgefochten hat, die Anziehungskraft, mit der das Theater ihn immer wieder von der Leinwand weggeholt hat, das Unbehagen in Hollywood und schließlich das Älterwerden.
All das kommentiert Pacino immer wieder mit erquicklichem trockenem Humor. Als ihn, der sturzbetrunken war, einmal eine Frau in ihrem Auto entführte, beendet er die Anekdote so: „Ich glaube, das war in Colorado. Ich kenne die dortigen Gepflogenheiten nicht.“ Selbst die Bildtexte für die historischen Fotos sind witzig. Ein Bild mit seinen Eltern untertitelt er: „Mit meinem Vater und meiner Mutter. Ich sehe aus wie ein Entführungsopfer.“
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