Das Video war auch einer der Impulse für jene Schau, die nun unter dem Namen „The New African Portraiture“ in der Kunsthalle Krems 73 Werke afrikanischer Künstler und Künstlerinnen zeigt: Wurde doch in dem Hip-Hop-Triumphzug auch eines der wenigen schwarzen Frauenporträts aus dem Louvre, um 1800 von Marie-Guillemine Benoist gemalt, zur Schau gestellt. Eine Ausstellung im Musée d’Orsay widmete sich daraufhin 2019 dem schwarzen Modell bis zur Moderne.
In Krems ist dieser museale Unterbau nur im Katalog präsent: In den Schausälen selbst ist kaum ein Bild älter als drei Jahre. Die Ausstellung bildet damit einen beispiellosen Boom ab, der sich am globalen Kunstmarkt entspann: Werke von Künstlern und (zu einem geringeren Anteil) Künstlerinnen, die aus Afrika stammen, dort aber nicht unbedingt leben, wurden international zuletzt massiv nachgefragt. Viele erzielen ungeachtet ihrer Jugend auch am Auktionsmarkt hohe Preise (siehe Artikel unten).
Der Wiener Amir Shariat – er kam jüngst als Vermittler von André Hellers „Basquiat“ in die Medien – stellte gemeinsam mit seinem Bruder Sharokh (er leitet die Universitätsklinik für Urologie am AKH) fast alle Werke der Kremser Schau zur Verfügung. Shariat ist selbst ein wichtiger Player: Er platzierte den aus Ghana stammenden Maler Amoako Boafo 2019 mit einem Atelierstipendium der Rubell Collection in Miami inmitten des Hypes und half so, einen Top-Star der Szene aufzubauen.
Boafos großformatige Bilder – in kraftvollen Farben, die Gesichter expressiv mit den Fingern gemalt – hängen nun am Eingang des Hauptsaals, in dem sich ein Panoptikum der aktuellen Künstlergeneration bietet. Viele Werke entstehen in Ateliergemeinschaften, wie Kurator Ekow Eshun erklärt: Boafo arbeitet etwa Tür an Tür mit der Malerin Crystal Yaira Anthony, die in Krems Frauenakte zeigt, und Otis Kwame Quaicoe, dessen Modelle entschlossen von den Wänden der Kunsthalle herabblicken.
Überhaupt ist „Selbstbewusstsein“ ein gemeinsamer Nenner der in Ausführung und Qualität doch recht unterschiedlichen Werke.
Um ihren sprichwörtlichen Platz am Tisch zu beanspruchen, eignen sich viele Maler und Malerinnen Repräsentationscodes und Malweisen an, die teilweise bis auf barocke Herrscherporträts zurückgreifen – egal, ob ihre Modelle in feinem Zwirn erscheinen (Cornelius Annor) oder an einer Nähmaschine sitzen (Afia Prempeh).
Auch das Zitieren westlicher Heroen (bei Boafo und Alexandre Diop ist es etwa Egon Schiele) geschieht nicht zufällig – manchmal wirkt es gewollt, dann aber gelingt es wieder meisterhaft wie beim Äthiopier Tesfaye Urgessa, der bereits mit einer Schau in den Uffizien „geadelt“ wurde.
Es wäre jedenfalls irrig zu glauben, dass diese Kunst im Verborgenen oder aus einer tiefen „Tradition“ und nicht in Reaktion auf aktuelle Diskurse – und Marktbedürfnisse – entstehen würde.
Dass die Kremser Schau primär den Marktwert einer privaten Sammlung heben würde, weist Shariat allerdings von sich – hätte er profitieren wollen, hätte er die Bilder längst verkauft, sagt er. Der Sichtbarkeit der Künstler, die der Manager – er war übrigens einst als Rapper aktiv – teils selbst betreut, nützt es freilich trotzdem. Und einen kommerziellen „Nebeneffekt“, beteuert Kunsthallen-Chef Florian Steininger, habe wohl jede Ausstellung, die aktuelle Werke zeigt.
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