"A Perfect Day": Roadmovie mit Schlaglöchern

Tim Robbins, Benicio Del Toro: "A Perfect Day"
Die neue Kinowoche mit "A Perfect Day", "Macbeth", "Macho Man" und "Der letzte Wolf".

Ein Mann schwimmt in einem Brunnen. Kopf nach unten. Er ist tot. Und er verseucht das Grundwasser. Leider ist er auch schwer, so schwer, dass das Seil, mit dem man ihn heraus ziehen möchte, reißt wie ein Zwirn.

Der Brunnen steht "irgendwo am Balkan", wie es am Anfang des Filmes vage heißt, und spielt 1995. In der kriegsgebeutelten Gegend, die für ihr Joghurt und ihren Humor berühmt ist, tummeln sich freiwillige NGO-Helfer aus aller Welt. Sie alle wollen die Folgen des Krieges lindern – den Toten aus dem Brunnen fischen, zum Beispiel – und treten sich gegenseitig auf die Zehen.

Benicio del Toro und Tim Robbins bilden die formidablen Star-Zugpferde dieser Buddy-Roadmovie-Tragikomödie mit erzählerischen Schlaglöchern. Zwar bemüht sich der spanische Regisseur Fernando Léon de Aranoa um eine leutselige Kriegssatire, wie sie Robert Altman mit "M*A*S*H" gelang, doch kommt er weit weniger gut mit schwarzem Humor zurecht als sein Vorbild. Einige sehr witzige Momente gelingen ihm trotzdem.

Auf der Suche nach einem starken Seil, mit dem man das Schwergewicht bergen könnte, gabeln Del Toro und sein Kollege Robbins einen Buben auf. Dieser verspricht, ihnen ein passendes Seil zu verschaffen. Allerdings vergisst er zu erwähnen, dass an dem versprochenen Strick ein wild kläffender Kettenhund hängt. Und der Kelef macht nicht den Eindruck, als wäre er ohne Vollnarkose bereit, den helfenden Händen seine Leine zu borgen.

Sweet Dreams

Ein Blick ins Innere der zerschossenen Häuser hingegen enthüllt in aller Unverblümtheit den Schrecken des Balkankrieges und unterfüttert die heiter erzählte Hunde-Begegnung mit Horror. Allerdings tut sich der Regisseur im Wechsel der Tonarten manchmal recht schwer. Und da hilft der vordergründige Einsatz von Pop-Hits wie "Sweet Dreams" von den Eurythmics oder Songs von Lou Reed auch nicht weiter.

Immerhin scheinen sich Del Toro und Robbins blind zu verstehen: Sie spielen ihr lakonisch-sardonisches Kumpel-Paar mit schlafwandlerischer Sicherheit und haben jede Menge Gelegenheit, sowohl tiefgründig wie witzig zu sein. Beide sind große Klasse. Weit weniger Glück haben die Frauen im Ensemble: Mit ihnen kann Aranoa wenig anfangen. Sie bedeuten für die Männer und ihren jovialen Schmäh in erster Linie Belastung – entweder, weil sie zu anstrengend sind ("Sie ist eine Nervensäge"), oder zu schön – wie Olga Kurylenko ("Wo habt ihr die her? Von ,Models ohne Grenzen?’"). Oder beides. Es heißt nicht umsonst "Buddy Movie".

Info: ES 2015. 106 Min. Von Fernando Léon de Aranoa. Mit Benicio Del Toro.

KURIER-Wertung:

Im Kino: "A Perfect Day"

Der Australier Justin Kurzel malt ein brachial-brutales, schaurig-schönes Schlachtengemälde rund um den berühmten Königsmörder Macbeth. William Shakespeares grausamste Tragödie entfaltet ihre blutigen Ereignisse beinahe wortlos: Ein charismatischer Michael Fassbender als machtgetriebener Macbeth und Marion Cotillard als seine gequälte Frau taumeln ihrem moralischen Verfall entgegen.

Info: GB/F/USA 2015. 113 Min. Von Justin Kurzel. Mit Michael Fassbender, Marion Cotillard.

KURIER-Wertung:

"A Perfect Day": Roadmovie mit Schlaglöchern
Marion Cotillard, Michael Fassbender: "Macbeth"

Ein deutscher Warmduscher, Dünnbrettbohrer und Frauenversteher trifft auf deutsch-türkische Traumfrau. Aus dem Softie soll ein Türken-tauglicher "Macho Man" werden, weil dies angeblich die Eltern der Angebeteten so wollen.

Der als Moderator und Entertainer recht erfolgreiche Christian Ulmen spielt den Werbefuzzi so unscheinbar, dass es einem schwerfällt zu glauben, dass die Urlaubsbekanntschaft ihn so und nicht anders will. Dass sie allerdings mit seinen antrainierten Macho-Allüren erst recht nichts am Hut hat, kann man auch verstehen. Der Film spielt mit den Klischees des deutsch-türkischen Zusammenlebens. Ob in Zeiten der Flüchtlingstragödie, in denen das wechselseitige Verständnis besonders gefragt ist, eine seichte Komödie zum Thema Integration die geeignete Unterhaltung darstellt, ist fraglich.

Text: Gabriele Flossmann

Info: D 2015. 98 Min. Von Christof Wahl. Mit Christian Ulmen, Aylin Tezel, Dar Salim.

KURIER-Wertung:

"A Perfect Day": Roadmovie mit Schlaglöchern
Seichte Unterhaltung mit Christian Ulmen

Wer hat Angst vorm bösen Wolf?", heißt es im Kinderspiel. Der französische Regisseur Jean-Jacques Annaud hat offenbar keine und widmet sich – nach Bären und Tigern in Filmen wie "Der Bär" und "Zwei Brüder" – in seinem neuesten Werk diesem Sagen- und Märchen-umwobenen Raubtier.

Der Film basiert auf dem chinesischen Bestseller "Der Zorn der Wölfe" und erzählt die Geschichte eines Studenten, der 1967, während der Kulturrevolution, in die Innere Mongolei geschickt wird, um den Nomaden chinesische Schulweisheiten und Mandarin beizubringen.

Der Student wiederum lernt die Kultur der mongolischen Nomaden kennen und vor allem deren Liebe zu den Wölfen. Als die Behörden alle Wölfe rund um das Dorf töten lassen wollen, gerät das empfindliche Gleichgewicht der Natur völlig durcheinander.

"Der letzte Wolf" ist komplett mit chinesischem Geld gedreht, hat in der Volksrepublik alle Kassenrekorde gebrochen und kommt nun auch in unsere Kinos. Um die Schönheit der Landschaft und die Wildheit der Tiere einzufangen, setzt Annaud auf atemberaubende Bilder und halsbrecherische Kamerafahrten in 3-D. Die Geschichte der mongolischen Nomaden, die es auch wert wäre, erzählt zu werden, wird durch die – zugegeben atemberaubende – Effekthascherei in den Hintergrund gedrängt.

Text: Gabriele Flossmann

Info: CN/F 121 Min. Von Jean-Jacques Annaud. Mit Shaofeng Feng, Shawn Dou.

KURIER-Wertung:

"A Perfect Day": Roadmovie mit Schlaglöchern
Ein Student in der Inneren  Mongolei lernt die Wölfe lieben

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