300 Jahre Robinson Crusoe

300 Jahre Robinson Crusoe
Hat jemand Daniel Defoes ungekürzten Roman gelesen? Eine neue Übersetzung lädt dazu ein.

Der Engländer sitzt am Strand und führt Listen, was positiv ist in seinem Leben und was negativ.
Er sitzt und schreibt auch Tagebuch. 16. Juni: Er sieht eine Wasserschildkröte.  26. Juni. Er grillt Fleisch – lieber hätte er es gedünstet, leider  fehlte der Topf ...
... und das ist ein Abenteuerroman. Das ist  einer der ersten  Abenteuerromane der Weltliteratur: „Robinson Crusoe“,  am 25. April  1719 erstmals erschienen.
Daniel Defoe  boykottierte sein  Genre, indem er 28 Jahre langweiliges Inselleben langweilig erzählte.
Es fiel nicht auf, weil der Roman gleich nach der ersten Veröffentlichung oft gekürzt und bearbeitet wurde, meist für die Jugend, einmal sogar auf 24 Seiten gekürzt – Schiffbruch, Kannibalen,  Rassismus (Freitag wurde nicht Robinsons Freund, sondern sein Sklave), Rettung und Schluss. Da ist kein Platz für Bibellesen und Ziegenmelken geblieben.
Mehr als 40 Jahre gab es keine neue Übersetzung ins Deutsche. Jetzt, zum 300-Jahr-Jubiläum, wurde es Zeit. Und es ist heute gar nicht schlimm, fadisiert zu werden – Karl Ove Knausgårds Bücher  sind ein Hit, selbst wenn er beschreibt, dass man ein Stanitzl mit Eis unten aufbeißen kann.
Die neue Übersetzung ist dicht am Original, sodass Defoes kleiner Fehler übernommen wurde: Robinson entledigt sich seiner Kleidung und schwimmt zum Schiffswrack, wo er Essen sucht. Er steckt trockenen Zwieback in die Hose. Die Hose?

Daniel Defoe: „Robinson Crusoe"

Übersetzt von Rudolf Mast. Nachwort von Günther Wessel.  Mareverlag.

416 Seiten. 43,10 Euro.

Foto oben: Joachim Meyerhoff als „Robinson Crusoe“  2012 im Burgtheater

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