200 Jahre Hektiker - eine Zeitreise
Pause am Schwarzen Meer
Wir erreichen das Gymnasium, Werner Sobotka schaut mit leicht angestrengter Miene auf den Fußballplatz: „Da bin ich gesessen und habe gehofft, dass ich nicht gewählt werde. Und der Turnlehrer Werner Tartarotti hat gesagt: Sobotka, das Runde ist der Ball.“
Im Gebäude stellt sich bei allen Beteiligten sofort die Mischung aus Nostalgie und Beklemmung ein, die wohl jeder kennt, der seine alte Schule wieder sieht (und vor allem wieder riecht). Wir machen Fotos im Pausenbereich. Ein Schüler erkennt die Hektiker und bittet um ein Selfie. Andere erkennen sie eindeutig nicht, fotografieren aber fleißig die Foto-Session – man weiß ja nie. Pissecker: „Ich glaub, die halten uns für eine Boyband.“
Schließlich wagen wir uns in den Gang mit dem Konferenzzimmer – der war damals noch für Schüler tabu. Heute steht die Tür vom Lehrerzimmer offen und Schüler laufen durch den Gang. Ein Lehrer erkennt seinen alten Schüler Sobotka und erinnert ihn daran, wie er damals, um einen Dreier in Geografie zu ergattern, übers Wochenende die Karte Europas auswendig gelernt hat. Fast sieht es so aus, als wolle der Lehrer Sobotka gleich noch einmal fragen, wo die Karpaten liegen und an welche Länder Rumänien grenzt. Vor dem Konferenzzimmer hängt eine Bildergalerie mit den Fotos aller Lehrer. Pissecker: „Fesche Lehrerinnen! Wären die damals auch so fesch gewesen, dann hätte ich die Schule nicht abgebrochen…“
Päuerl erzählt von den Raumnöten der Schule (auch etwas, das sich seit den Achtzigerjahren nicht geändert hat): 1045 Schüler, drei „Wander-Klassen“, einige Klassen wurden an eine andere Schule ausgelagert, außerdem stehen Container neben dem Fußball-Platz, in denen ebenfalls unterrichtet wird. Päuerl: „Dieses Provisorium ist seit 2006 ein Dauerzustand.“ Die Schüler-Akademien, bei denen die jungen Hektiker ihre Fähigkeiten ausprobieren durften, gebe es immer noch, sagt Päuerl stolz: „Mehr als 1000 Besucher haben wir im Festsaal in Wiener Neudorf, heute liegt der Schwerpunkt mehr auf Musik als auf Sketches.“
Brüste und Sauerkraut
Wir kommen am alten Raucherhof vorbei, damals ein Kreativzentrum für Unangepasste, Schlimme und sonst wie Verhaltensoriginelle (heute herrscht natürlich strenges Rauchverbot). Im nicht mehr genützten Windfang vor dem Hofeingang lagert die alte Zeit – in Form von Dutzenden elektrischen Geräten, die niemand mehr braucht, die aber offenbar auch nicht entsorgt werden: Klobige Fernseher, Videorekorder, Kassetten-Player, Dia-Projektoren … Sobotka: „Jö, die guten alten Overheads!“ Es ist ein sehr treffendes Bild für die vergangene Zeit.
Wir gehen durch Mödling, alte Plätze werden wiedererkannt. Das Pub, wo schwänzende Schüler Billard gespielt haben, ist heute ein Reisebüro. Das Jeansgeschäft gibt es immer noch, ebenso die Tanzschule. Pissecker: „Und was es immer, immer geben wird, ist der Bandagist.“ Die Auslagenscheibe hat sich nicht geändert in 30 Jahren. Pissecker: „Und die Produkte auch nicht.“
Das Gespräch dreht sich jetzt um Mödlinger Lokal-Berühmtheiten und um die Frage, wer aller inzwischen mit wem zerstritten ist. Fifi Pissecker schaut nachdenklich: „Apropos Streiten. Wir kennen uns 40 Jahre, und haben nie wirklich gestritten….“ Sobotka: „Jedenfalls nicht so, dass wir uns aufgelöst hätten.“ Pissecker: „Und das bei der niedrigen sozialen Kompetenz, die wir haben….“
Die drei verabschieden sich herzlich. Fifi Pissecker schlendert als erster davon. Er hat übrigens während der ganzen dreistündigen Wanderung durch Stadt und Schule einen Laib Brot spazieren getragen, den er ungeschickter Weise schon vor dem Treffen gekauft hat. Er sieht ziemlich seltsam damit aus, aber das ist ihm offenbar keineswegs unangenehm.
Auf die nächsten 200 Jahre Hektiker!
Kommentare