Zeitversetzt

Keine Frage: Fußball bringt Menschen zusammen. Aber mit der Gleichzeitigkeit ist es vorbei.
Michael Huber

Michael Huber

Der Abstand zwischen der Generation „Total Digital“ und jener davor wurde vermessen – er beträgt rund drei Sekunden. Diese Zeit verstrich nämlich zwischen dem Punkt, an dem der Nachwuchs vor der TV-Übertragung des EM-Spiels Österreich–Niederlande die Arme in die Höhe riss, und jenem, als das 3:2 auch für die restlichen Besucher des Gasthauses, in dem der Stream von Servus TV über die Leinwand flimmerte, sichtbar wurde. Die Jungen und Digital-Affinen hatten eine App, die schneller war.

Diese Latenzzeit scheint mir insofern bedeutend, als sie Risse in jener Erzählung offenbart, die besagt: Fußball ist eines der letzten Ereignisse, bei dem Menschen etwas gleichzeitig erleben, das Fernsehen hat hier noch Lagerfeuercharakter. Tatsächlich schauen wir freilich alle längst auf unsere zweiten und dritten Schirme. Man muss sich schon bewusst vornehmen, in ein Lagerfeuer zu starren.

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