Harry, Meghan und die Inflation

Harry, Meghan und die Inflation
Die Offensive des britischen Prinzen gilt nicht in erster Linie den Royals, sondern dem Boulevard. Kann sie ihn langfristig verändern?

Netflix-Serie, Autobiografie, Exklusiv-Interviews: Die Medienoffensive, die der britische Ex-Militäroffizier Prinz Harry derzeit ausficht, hält Teile der Welt in Atem.

Gemeinhin wird sie als Attacke auf die britische Königsfamilie gedeutet. Doch Harrys tatsächliches Ziel ist es offensichtlich, die Paparazzi-Ökonomie zu sprengen. Die Masse privater Aufnahmen und Home-Videos, die allein die sechs Netflix-Folgen über der Welt ausschütteten, erfüllte keinen anderen Zweck, als die Währung des Boulevards – heimliche Schnappschüsse, „ungeschminkte“ Einblicke etc. – ihrer Seltenheit zu berauben und sie damit zu entwerten. 

Dass die Sussex-Familie damit auch die Gelddruckmaschine fürs eigene Konto anwarf, ist klar. Aber die Aktion lässt viele Medien, die lange glaubten, die Aufmerksamkeit gepachtet zu haben, alt aussehen: Sie können nun nicht anders, als jedes Enthüllungsfetzerl zur Sensation aufzublasen oder Harrys Erzählungen reflexartig als Blödsinn abzuwerten. Beides ist ein verzweifelter Versuch, den Kurs der eigenen Währung halbwegs stabil zu halten. Ob sich das System durch diese Dynamik nachhaltig verändert, wird man sehen: Die bisherige restriktive Informationspolitik, die den Handel mit "Enthüllungen" im Abtausch mit positiver Berichterstattung anderswo überhaupt erst möglich machte, ist jedenfalls gehörig in Schräglage geraten.

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