Wenn Österreicher um Olympia und Frauen gegen Vorurteile kicken

Vorurteil ist ein Zeichen von Schwäche. Im Volkssport Nummer 1 hat der alte Kalenderspruch zeitlos Saison.
Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Kinderfußball

... riefen einst geschätzte, die Kickerei allerdings erst ab David Beckham aufwärts akzeptierende ehemalige Redaktionskollegen, um größere Unter-21-Berichte zu verhindern. Aber ist die Meinung aktuell noch gültig,

... wenn am Montag beim österreichischen U-21-EM-Start in Triest der Serbe Luka Jovic stürmt, den soeben Real Madrid für 60 Millionen Euro kaufte und den sein bisheriger Frankfurt-Coach Adi Hütter als den „besten Spieler, den ich je trainiert habe“ bezeichnet?

... und wenn die ÖFB-Auswahl mit in Deutschland bewährten Legionären bzw. Spielern, die wie Xaver Schlager über A-Team-Erfahrung verfügen, einläuft?

Immer jünger werden die Leistungsträger auf internationaler Ebene. Und immer gnadenloser wird gerade von noch unverbrauchten, wenig verletzt gewesenen Spielern gegrätscht und gekämpft. Schon die Gruppenspiele gegen Serbien, Dänemark und Deutschland sollten in Italien trotz hoher Temperaturen hohes Tempo garantieren.

Zumal es nicht nur um den EM-Titel, sondern um Tokio 2020 geht: Die vier U-21-EM-Semifinalisten dürfen an Olympia teilnehmen. Das ist Österreich im Fußball seit 67 Jahren, seit Helsinki 1952, nicht vergönnt gewesen.

Hausfrauenkick

... nannten deutsche Altstars wie Mario Basler und Lothar Matthäus das von ihnen gelangweilt betrachtete Geschehen bei vergangenen Frauen-Endrunden. Basler ließ die Ladys süffisant wissen, sie mögen wenigstens nicht den Stadionrasen beschädigen.

Schaden wird mit solchen Macho-Zwischenrufen offensichtlich keiner angerichtet. Haben doch das deutsche 1:0 über Spanien bei der Frauen-WM in Frankreich soeben 6,15 Millionen Deutschen gesehen. Bei der Mehrheit des TV-Publikums handelte es sich – Mann, oh Mann – um Herren der Schöpfung.

Zugegeben, der weibliche Liga-Alltag vermittelt vor allem in Österreich, wo 2017 der überraschende dritte EM-Rang Euphorie auslöste, aufgrund des provinziellen Umfelds noch einen amateurhaften Eindruck. Jedoch:

Nebst TV-Quoten zeigen auch sportwissenschaftliche Auswertungen, dass das schwache Geschlecht stark im Kommen ist. So ist das Durchschnittstempo deutscher WM-Spielerinnen mit 6,5 km/h inzwischen laut Sport-Bild kaum geringer als jenes der Männer (6,6). Und so werden von Frauen pro Match im Schnitt 10,5 Kilometer (Herren 11,1) gelaufen. Die weiblichen Topwerte liegen gar bei 12,5 Kilometer.

Zum Vergleich: Bei ersten (freilich noch nicht so präzise möglich gewesenen) Messungen in Madrid waren dem damaligen auch als Konditionswunder verehrten Real-Star Alfredo di Stefano von Sportstudenten bis zu 7,5 Kilometer pro Spiel attestiert worden. Das war in den ersten 1960er-Jahren gewesen. Zu Zeiten, zu denen in Deutschland übrigens noch striktes Frauen-Fußballverbot gegolten hatte.

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