Es muss ihn geben, den Dosenravioli-Fanclub. Die Frage ist nur, wo?
Man kann es sich gut vorstellen, wie Italiener reagieren würden, wenn man ihnen Ravioli aus der Dose vorsetzen würde. Es wäre ein Drama mit vielen Handbewegungen und Schimpfwörtern. Man würde zu hören bekommen, dass das ein Verbrechen an den Gaumen, an die Menschheit sei, ein Anschlag auf die Pasta (fatta in casa) – Ehrenbeleidigung also.
Meine ersten Dosenravioli hatte ich, wenn ich mich richtig erinnere, beim Bundesheer – unfreiwillig, aber sonst gabs halt nur Fleischaufstrich (auch aus der Dose). Also Dosenravioli, aufgewärmt in diesem grauslichen Kochgeschirr. Nichts zu essen, war keine Option. Seither habe ich niemanden mehr kennengelernt, der das freiwillig isst. Aber es muss ihn geben, den Dosenravioli-Fanclub. Denn alleine im Maggi-Werk am Bodensee werden täglich 170.000 Einheiten hergestellt. Zumindest war das 2023 beim 65-jährigen Dosenravioli-Jubiläum so.
Erfunden haben dieses Fertiggericht die Deutschen: Am 14. Mai 1958 ging in der Stadt Singen die erste Dose Ravioli vom Band. Hintergrund waren das Wirtschaftswunder und die Reiselust der Deutschen – vor allem nach Italien. Die dort vorherrschende Pasta-Kultur wollte man dann auch nördlich der Alpen konservieren.
Seither haben Dosenravioli im Supermarkt einen Stammplatz. Ich wollte wissen, wie sie heute schmecken – und habe mir eine Dose gekauft. Der „Klassiker“ mit Fleischfüllung war mir zu gewagt, also wurde es die vegetarische Variante. Den fast schon suppigen Inhalt müsste man eigentlich nicht mehr kochen, denn die Ravioli sind mehr als durch. Das hat beim Aufwärmen auch den Vorteil, dass man nicht aufpassen muss – al dente spielt hier keine Rolle mehr. Wer keine Mikro hat, hat, wärmt den gatschigen Inhalt im Topf auf. Umrühren nicht vergessen, weil sonst brennt der Pampf auch noch an. Viele wird das tomatig-süße Etwas an ihre Kindheit erinnern. Mir kommt beim Essen nur mein Präsenzdienst in den Sinn. Daher: Nie wieder Dosenravioli!
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