Von Prozenten und Promille

In Wahrheit kann Hirscher schon zur Saison-Halbzeit den Champagner für seinen achten Gesamtsieg en suite einkühlen.
Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Vor dem Slalom meinte der bayrische Sympathikus und zweifache Kitzbühel-Sieger Felix Neureuther in Anspielung auf die Programmänderung keck: „Es ist das erste Mal in der Geschichte von Kitzbühel, dass beim Slalom nur 50 Prozent der Zuschauer besoffen sind und nicht 90 Prozent Restalkohol haben am Sonntag.“

Nüchtern betrachtet waren alle wetterbedingten Jury-Entscheidungen richtig:

Die in Kitzbühel, wo gestern ein Abfahrtsrennen unmöglich gewesen wäre, die Slalombedingungen aber selbst krassen Außenseitern wie dem Bulgaren Albert Popow (mit Nummer 71 Neunter) Erstaunliches ermöglichten.

Und auch jene in Garmisch-Partenkirchen, wo der Damen-Super-G im Schneetreiben immer wieder verschoben wurde. Dort weiß man spätestens seit dem Renntod von Ulli Maier (die Salzburger Weltmeisterin und Mutter verunglückte vor genau 25 Jahren) auf der deutschen Kandaharpiste, dass die Sicherheit oberste Priorität haben muss.

Weil es freilich auch TV- und Sponsorinteressen zu berücksichtigen gilt, verkam die Liveübertragung vom Damenrennen wegen Kitzbühel zum Kurzprogramm. Was in Zeiten angestrebter Gleichberechtigung nicht nur Emanzen missfallen hat. Ihr Argument.

Kitzbühel hin oder her – die mediale Poleposition habe diesmal Nicole Schmidhofer verdient, zumal die Steirerin (zwei Jahre nach ihrem WM-Gold) erstmals auch einen Weltcup-Super-G gewann, während Marcel Hirscher 150 Kilometer von Garmisch entfernt nur Zweiter wurde.

„Nur“ Zweiter?

Abgesehen davon, dass Hirscher im zweiten Lauf wieder einmal Bestzeit erzielte, kann sich der erste Slalom-Verlierer vom Ganslernhang in Wahrheit erneut als Sieger fühlen. Und schon zur Saison-Halbzeit den Champagner für seinen achten Weltcup-Gesamtsieg en suite einkühlen.

Wie wir Marcel Hirscher kennen, wird er das nicht tun. Wird er nicht einmal an einem Glaserl Hochprozentigen nippen. Wird sich der Perfektionist bereits auf die Schladminger Flutlichtshow, bei der am Dienstag 50.000 Zuschauer erwartet werden, zu 100 Prozent konzentrieren. Und das Aufsaugen von Promille anderen Promis überlassen.

Der Party-Slalom war ohnehin nie sein Bier.

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