Typsache: Wer die Sonne lieber auf- oder untergehen sieht

Das Auf- und Abtauchen der Sonne kann gar nicht genug bewundert werden. Schon gar nicht während der Krisen-Ostern 2020.
Axel Halbhuber

Axel Halbhuber

Man muss schon wirklich ein hart gesottener Schreiber sein – oder einfach nur vollkommen metapherimun –, um Ostern nicht in Verbindung mit C. zu bringen. Selbst Kanzler Kurz schaffte das nicht, und der schafft für gewöhnlich alles. Aber bei einer Pressekonferenz diese Woche konnte auch er nicht widerstehen und verband also die Worte Corona und Ostern zu einem Auferstehungsbildchen.


Und recht hatte er, die Aussicht auf Besserung der Krise gleicht der Ankunft eines Messias und fühlt sich an wie ein Sonnenaufgang. Der wiederum hat mit Ostern tatsächlich zu tun, sogar der Name des Festes leitet sich von der altgriechischen und der lateinischen „Morgenröte“ ab, wie der Tag beginnt, beginnt zu Ostern das neue Leben, Ostern ist ja nicht zum Spaß im Frühling, wenn alles sprießt. Da darf man schon neidlos anerkennen, dass das Virus ein hervorragendes Zeitmanagement bewiesen hat.

Tel Aviv bis Strobl am Wolfgangsee

All das passt auch in sofern so gut zueinander, weil ja gerade jeder nur in seinen Fotoalben reist. Und obwohl sie bei Gott nicht selten sind, und auch nicht einzigartig, gehören Sonnenauf- und -untergänge zu den beliebtesten Fotomotiven. Die inflationär auftretenden Ereignisse sind für manche sogar ausschlaggebend bei der Wahl des Urlaubsortes: So fahren vor allem jene lieber an Westküsten, die dem Untergang näher sind, oder zumindest dem Abend, die Nachteulen quasi, für die der Tag erst beginnt, wenn die Sonne im Meer ertrinkt. Tel Aviv ist so ein Ort, oder Acapulco, aber natürlich auch die See- promenade Klagenfurt oder Strobl am Wolfgangsee.

Die anderen wollen den Sonnenaufgang sehen, oder zumindest die Möglichkeit dazu haben, ihn dann aber ohnehin verschlafen, da ist dann egal, ob in Brisbane oder in Nha Trang, in St. Gilgen oder Velden.


Meine beiden schönsten Sonnenaufgänge hatte ich übrigens auf Kos und in Khor Fakkan. Die ägäische Insel verfügt über einen respektablen Gipfel, einfach genug, um ihn vor dem Morgengrauen zu besteigen. Da oben kann man, angelehnt an ein Gipfelkreuz vor einer pittoresken Kapelle, in Gesellschaft einer wild lebenden Landschildkröte sehen, wie über der gegenüberliegenden Türkei die Sonne aufgeht.

Am Strand der Vereinigten Arabischen Emirate wiederum, in nämlichen Badeort am Golf des Oman, raffte ich mich des Morgens auf, um bei Sonnenaufgang zu tauchen. Aber nach wenigen Metern, erst im knietiefen Wasser, begegnete ich ebenfalls einer Schildkröte, diesmal eine zu Wasser. Sie umkreiste meine sinnlos beflossten Füße, und als ich eine halbe Stunde mit ihr gewatschelt war und die Sonne langsam kräftig genug wurde, um mir unter der Tauchermaske den Schweiß in die Augen zu treiben, da wurde mir die Faszination

des Sonnenaufgangs so richtig bewusst.

Dann legte ich mich erschöpft wieder nieder.

axel.halbhuber@kurier.at

Kommentare