Tarnen und täuschen

Tarnen und täuschen
Daria im Tarnkleid. Die Farbtöne ihres Fells passen sich dem herbstlichen Untergrund perfekt an.
Birgit Braunrath

Birgit Braunrath

Wir gehen durch den Wald. Alle paar Minuten rufe ich panisch: „Wo ist Daria?“ Daraufhin ihr Herrl entspannt bis gelangweilt: „Hier. Was hast du? Siehst du schlecht?“

Die Wahrheit ist: Ich sehe Daria derzeit nicht. Die Kombination aus Herbstlaub und meiner Kurzsichtigkeit macht sie für mich unsichtbar. Ihr Fellmuster, eine wilde Camouflagemischung aus Gammellaub-, Parasol-, Steinpilz- und Erdfarbtönen, passt sich so nahtlos der Umwelt an, dass ich Daria nur mit zusammengekniffenen Augen vom Untergrund unterscheiden kann.

Sie nützt meine kleine Sehschwäche natürlich schamlos aus. Sobald der strenge Blick ihres Herrls in der Arbeit ist und nur mein schwachsichtiger Blick sie verfolgt, duckt sie sich, taucht ab ins Laub und raschelt davon. Wie ein gefleckter Maulwurf wühlt sie sich ihren Weg durch das Laub.

Allerdings hat Daria zwar mit meinen unscharfen Augen, nicht aber mit meinen gespitzten Ohren gerechnet. Ich höre hervorragend und brülle (weil sie deutlich schlechter hört als ich ... oder hören will): „Daria! Hierher!“ Und zwar immer genau die Richtung, aus der das Raschelgeräusch kommt.

Dann schleicht sie unterirdisch zurück, schaut mich treuherzig an und wartet auf eine essbare Bestätigung aus meiner Jackentasche. So kriegen wir die herbstliche Tarnzeit ganz gut hin. Wenn auch nur, was das Auffinden des gescheckten Hundes betrifft.

Verdeckte Überreste

Leider tarnen sich auch andere Dinge unter dem Herbstlaub. Und die kann ich weder sehen, noch hören. Daria aber kann sie riechen. Kilometerweit.

Im besseren Fall handelt es sich dabei um Jausenüberreste, die Wanderer unterwegs verloren haben.

Im schlechteren Fall handelt es sich um, sagen wir, Verdauungsüberreste, die Hasen oder Rehe unterwegs verloren haben. Dass Daria diese mit Vorliebe frisst, verursacht mir mehr Magenbeschwerden als ihr.

Und im allerschlechtesten Fall handelt es sich um ... das möchte ich jetzt hier nicht näher ausführen. Nur so viel: Wenn sie einen Hund mit gutem Geruchssinn haben, meiden Sie zur Laubzeit stille Winkel und Verstecke im Wald. Man weiß nie, wer vor einem da war.

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