Stamme aus Strebersdorf ....

Über einen Dichter, der das Große im Kleinen sah - und wusste, warum die besten Heurigenorte natürlich in Floridsdorf liegen
Barbara Beer

Barbara Beer

Ich stamme aus Strebersdorf und strebe nach Stammersdorf.

Diesen Satz hätte ich gerne geschrieben. Obwohl kaum etwas davon wahr wäre. Wobei, ja, doch, natürlich strebe ich dieser Tage wieder sehr nach Stammersdorf, wie gerne würde ich dort, nach einem Spaziergang auf den Bisamberg, einen Heurigen besuchen. (Unlängst hat man mich gerügt: Dass man doch zum Spazierengehen keinen Heurigen brauche. Ich war beschämt. Blieb jedoch uneinsichtig.) Allerdings gibt es auch in Strebersdorf feine Heurige und Buschenschanken, nach denen sich wohl nicht nur das Redaktionskomitee der Wiener Ansichten dieser Tage sehnt.

Zurück zum Ausgangspunkt: Dem Verfasser des schönen Satzes. Es war der Dichter Andreas Okopenko, ein Wahlfloridsdorfer, der seit 1968 bis zu seinem Tod 2010 in der Autokaderstraße in Jedlesee lebte. Und das, obwohl er den Namen nicht mochte. „Okopenko war dieser Name unsympathisch, da ihm Autos und auch Militärtruppen unsympathisch waren“, erzählte Schriftsteller Daniel Wisser unlängst dem Redaktionskomitee. Okopenko, sagt er, habe vergeblich bei der Stadt angeregt, die Straße nach der Chemikerin Irène Joliot-Curie umzubenennen.

Wisser hat nun einen Band mit bisher unveröffentlichten Gedichten Okopenkos herausgegeben („Ich hab so Angst, daß die Chinesen kommen“, Jung und Jung) und weiß auch, warum es den virtuosen Experimentaldichter einst überhaupt nach Floridsdorf verschlug: Es war die Nähe zu den Heurigenorten. Okopenko war begeisterter Heurigengeher. Außerdem interessierten ihn Wohngegenden mehr als noble oder repräsentative Viertel. „Okopenko liebte es einerseits, in der Menge zu verschwinden und andererseits, die Menge zu beobachten, das Alltagsleben der Menschen zu protokollieren.“

Was Okopenko außerdem liebte, war der Birner an der Alten Donau – die Hausmannskost und den Blick aufs Wasser. Er war einer, der das Große im Kleinen sah und verstand. Etwas, das manche gerade erst lernen.

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