Ein liebloser Rosé-Wein muss eigentlich nicht sein
Das ganze Jahr schert sich kaum jemand um Roséweine – kaum ziehen die ersten Schwalben ins Land, soll man nur mehr rosa trinken. Sommer für Sommer will man uns weismachen, dass Rosa voll im Trend liegt.
Das scheint keiner zu glauben – sonst müsste man den wie Weißwein verarbeiteten Rotwein wohl nicht so verzweifelt bewerben. Es mag auch daran liegen, dass Rosé für viele Winzer eine Statistenrolle spielt. Entsprechend lieblos wird er dann auch fabriziert: Mittelmäßige Lagen und Massenertrag ergeben Trauben von bescheidener Qualität, die man im Keller ein wenig aufmöbelt. In der Hoffnung, dass im Sommer eh alles so kleschkalt getrunken wird, dass es keinem auffällt. Die beim Rosé so beliebte Methode des Saftabzugs ist ein Nebenprodukt der Rotweinerzeugung: Die Trauben werden im Keller durch ihr Gewicht gequetscht, ein Teil des Saftes rinnt ab und wird vergoren – praktischerweise konzentriert damit auch gleich der restliche Rotwein. Doch die vermeintliche Win-win-Strategie entpuppt sich als Lose-lose-Falle: Dem Rosé fehlt es an Struktur, dem Rotwein an Finesse.
Dass das auch ganz anders geht, zeigen Winzer wie Christian Tschida, Franz Strohmeier oder Martin Arndorfer. Ihr Rosé kommt aus Toplagen und wird direkt gepresst: Die Rotweintrauben werden dabei gequetscht und einige Zeit mit den Schalen eingemaischt. Danach wird der Most abgepresst und wie Weißwein vergoren. Der Kontakt mit der Beerenhaut gibt dem Wein die nötige Substanz. Das Ergebnis sind Roséweine, die man das ganze Jahr trinkt.
flaschenpost@kurier.at
Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjournalistin in Wien.
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