Paaradox: Disco-Queen & Öd-Bär

Paaradox: Disco-Queen & Öd-Bär
Zwei runde Geburtstage, zwei verschiedene Party-Stimmungen: Sie will tanzen, er nur reden. Gut, dass keiner feiern kann.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

SIE

Der Countdown läuft. Heute in einem Monat wird der Mann nebenan fnfzg, während ich einen Tag danach auch irgendwas Rundes feiere. Sie sehen, wir stehen offen zu unserem Alter – es sind doch nur Zahlen, kein Problem. Allerdings rankten sich heftige Diskussionen rund um unsere Geburtstage – es ging darum, wie wir sie gemeinsam zelebrieren würden. Dass das nun obsolet ist, betrachten wir als glückliche Fügung. Wir hätten uns womöglich für getrennte Feste entscheiden müssen, mangels Einigung auf einen gemeinsamen Partystimmungs-Nenner.

Fad!

Mein Motto für so eine Sause ist sehr einfach – es lautet: Let’s dance! Dafür hatte ich bereits zu Beginn des Jahres begonnen, eine Playlist zu erstellen, mit Hits aus den Siebzigerjahren. Darauf reagierte er verschnupft: „Sorry, aber ich werde mich wegen dir fix nicht in die Saturday-Night-Fever-Panier schmeißen und einen auf Travolta-Dodel machen“, sprach er. Das wirkte auf mich, als würde nicht ich, sondern er bald se.., ähem, werden. „Schade, so ein weißer Anzug würde dir gut stehen – was schlägst du vor?“, gab ich mich kompromissbereit. Er so: „Ich will mit vielen Menschen plaudern, guten Wein trinken und gut essen!“ Aha. Jetzt musste ich an Miss Sophie aus Dinner for One denken, aber ein wenig abgewandelt: The same procedure as every Jahrzehnt, Mike. Stattdessen sagte ich: „Öd, das machst ja eh dauernd“ und grölte Blockbuster von The Sweet, um Dampf abzulassen. Da verzog er das Gesicht und begann über wirklich gute Musik für ein Fest’l zu dozieren, was von Slayer, Iron Maiden, AC/DC. Irgendwann kramte er ein schwarzes Metal-T-Shirt hervor, das ihm um die Mitte nur mehr bedingt passte. Irgendwann wurde klar: Nix machen wir! Wie erleichternd. Aber wer weiß? Vielleicht packe ich ja die Discokugel aus und überrasche ihn mit einem 70er-Song von Gitte: So schön kann doch kein Mann sein.

gabriele.kuhn@kurier.at / facebook.com/GabrieleKuhn60

 

ER

Nun, ich bin grundsätzlich kein Partylöwe, der sich mit lautem Gebrüll in die Menge stürzt, um die Tanzpranken zu schwingen. Umso fordernder war es daher, als wir in den vergangenen Jahren auch noch zu so genannten Motto-Festl’n eingeladen wurden. Einmal war es „The Caribbean Night“, als ich a) sagte, warum ich nicht gerne als bunter Pirat über die Straße huschen will, und b) hörte, ich möge doch bitte nicht so ein Fadian sein. Das sei alles nur eine Frage der inneren Einstellung, ob etwas lustig würde oder nicht, dozierte meine Frau. Ein anderes Mal stand ich dann für „Magic Sixties“ ziemlich verloren mit einem silber glitzernden Zylinder auf dem Kopf im Schlafzimmer, beobachtete gnä Kuhn, wie sie sich kichernd in einen blumigen Hosenanzug zwängte und hatte nur diesen einen Gedanken: Wer zur Hölle bin ich, und warum bin ich nicht ein anderer?

Überraschung

Ich führe in Gesellschaft gerne Gespräche, lache, esse und trinke. Ich muss also nicht zwingend zu I will survive durch die Wohnung hopsen (so passend der Titel auch sein mag), um ein Gefühl der Ausgelassenheit zu erleben. Und schon gar nicht verkleidet. Umso irritierender war es, als die Liebste einst zum halbrunden Geburtstag sogar eine Überraschungsparty für mich organisierte. Allerdings gab es dort keine Musik von Black Sabbath, keine Vidiwall, wo sämtliche Tore von Lionel Messi gezeigt wurden und kein Freundinnen-Komitee, das mich  ins Schnitzel-Paradies geleitete. Stattdessen wurde die Musik von Minute zu Minute lauter, und schon  bald erkannte ich: Das Dröhnen von Sexbomb, Sexbomb war nicht mir gewidmet, sondern der Dancing Queen an meiner Seite – quasi als Hommage an sich selbst. Solche Szenen wird es im Dezember fix nicht geben. Wir befinden uns in diesen schwierigen Zeiten letztendlich auch in einem Rockdown. Was uns daher erwartet: Mehr Zweisamkeit. Mit reden, lachen, essen, trinken. Ich könnte steppen vor Freude.

michael.hufnagl@kurier.at / facebook.com/michael.hufnagl9

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