Kralicek geht essen: Föderalismus im Supermarkt

Unlängst habe ich einen deutschen Schauspieler interviewt, der seit ein paar Jahren in Wien engagiert ist. Der Mann lebt nicht ungern hier, aber manches geht ihm auch ziemlich auf den Wecker.
Wolfgang Kralicek

Wolfgang Kralicek

Zum Beispiel findet er es befremdlich, wie hier im Supermarkt dauernd auf die regionale Herkunft der Produkte hingewiesen werde. Da ist was dran. Die Österreicherinnen und Österreicher schätzen zwar, dass es seit der EU-Mitgliedschaft überall Parmesan und Parmaschinken, Mozzarella und Mortadella zu kaufen gibt. Aber grundsätzlich ist ihnen alles suspekt, was von jenseits der Grenze kommt. Und dabei muss es sich nicht einmal um eine Staatsgrenze handeln. In Filialen der westösterreichischen Supermarktkette M-Preis etwa werden im Obstregal nicht irgendwelche Heidelbeeren, sondern „Tiroler Heidelbeeren“ angeboten. Und für alle, denen das immer noch zu missverständlich formuliert ist, findet sich sicherheitshalber noch der Hinweis „aus Tirol“.

Natürlich gibt es gute Gründe, regional einzukaufen; je kürzer der Transportweg, desto frischer die Ware und desto kleiner der ökologische Fußabdruck. Trotzdem verstehe ich, was der Schauspieler meint. Der österreichische Supermarkt-Föderalismus hat auch einen chauvinistischen Beigeschmack. Manches ist aber schon wieder witzig. Unlängst bin ich in meiner Spar-Filiale auf eine neue Rohscheiben-Sorte von Kelly’s gestoßen: die „Niederösterreich-Chips“. Hergestellt werden diese, logisch, nur „mit Erdäpfeln aus Niederösterreich“. Der ideale Snack für alle Patrioten zwischen Litschau und Mönichkirchen. Aber lassen Sie sich damit bloß nicht am anderen Ufer der Enns erwischen!

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