Kralicek geht essen: Fleisch, Wurst und Mittagstisch für alle

Der Radatz ist nicht nur der wichtigste Fleischlieferant, sondern auch so etwas wie die Volksküche der Stadt, Wiens Fast-Food-Antwort auf Pizza, Döner, Burger und Co.
Wolfgang Kralicek

Wolfgang Kralicek

Manchmal frage ich mich, ob es okay ist, dass ich den Radatz okay finde. Ist dieser Wiener Großfleischer mit seinen dreiundzwanzig Filialen nicht zumindest mitschuldig daran, dass es in der Stadt sonst fast keinen Fleischhauer mehr gibt? Wahrscheinlich schon, aber richtig böse kann man ihm deswegen nicht sein. So eine Radatz-Filiale ist ja kein gesichtsloser Diskonter mit Plastikfleischvitrine, sondern immer noch ein Fachgeschäft mit kompetentem Personal und erstklassiger Ware. Im Prinzip gibt es dort alles, was das Herz des Fleischessers begehrt; ausgefallenere Teile (wie zum Beispiel Herz) muss man halt vorbestellen.

Neben Fleisch und Wurst hat der Radatz auch andere nützliche Sachen im Angebot. Serviettenknödel, Bratensaft oder Rindsuppe, zum Beispiel. Abgepackt wird die Suppe in Schläuche, das sieht dann passenderweise wie eine dicke Wurst aus. Stolz verweist Radatz darauf, dass die innovative Suppenverpackung deutlich weniger Mist verursacht als etwa Plastikschüsseln; der Nachteil ist, dass die Suppenwürste nicht ganz einfach zu öffnen sind. Sogar, wenn man um 4,90 Euro den extra dafür entwickelten Radatz-Suppenöffner erworben hat, gelingt es nur mit viel Übung, die Suppe ohne Verluste aus dem Schlauch in den Topf zu transferieren.

Der Radatz ist aber nicht nur der wichtigste Fleischlieferant, sondern auch so etwas wie die Volksküche der Stadt, Wiens Fast-Food-Antwort auf Pizza, Döner, Burger und Co. Die Radatz-Filialen sind die Betriebskantinen für alle Werktätigen, in deren Betrieben es keine Kantine gibt. Es müssen Abertausende sein, die hier ihre Mittagspause verbringen. Auf der täglich wechselnden Speisekarte stehen vier Tagesgerichte zur Auswahl; überwiegend Klassiker wie Augsburger mit Dillfisolen und Rösti, Hascheehörnchen oder Gefüllter Paprika. Ab und zu gibt’s sogar einen Zwiebelrostbraten und am Freitag endlich Kabeljau gebacken.

In der „Mahlzeit!“-Metropole Wien erfreut sich der Radatz-Mittagstisch so großer Beliebtheit, dass das Lieblingsessen oft schon kurz nach zwölf aus ist. Profis lassen sich – das geht auch im Internet – eine Portion weglegen. Wenn man darauf vergessen hat oder wenn einem auf der Tageskarte einmal wirklich gar nichts zusagt: Schnitzel und Schinkenfleckerln gibt’s beim Radatz immer. Ach so: Ja, ich finde, es ist okay, den Radatz okay zu finden. Mahlzeit!

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