Kralicek geht essen: Die Drama Queen unter den Gemüsen

In Henrik Ibsens Drama „Peer Gynt“ vergleicht der Titelheld sich selbst mit einer Zwiebel; wie diese setze seine Persönlichkeit sich aus vielen verschiedenen Schichten zusammen.
Wolfgang Kralicek

Wolfgang Kralicek

Kein Gemüse ist so nachtragend wie die Zwiebel. Wenn wir sie schneiden, lässt sie uns die Tränen in die Augen schießen. Wenn wir sie essen, sorgt sie dafür, dass uns stundenlang niemand mehr küsst. Und doch können wir nicht von ihr lassen. In den Gemüseladen unserer Kühlschränke gehört der Zwiebelschlauch zur Grundausstattung, denn die Zwiebel ist aus sehr vielen sehr populären Speisen nicht wegzudenken. Im Bolognese-Sugo ist sie ebenso Fixstarter wie im Erdäpfelsalat, in den Fleischlaberln oder im Gulasch. Vom Zwiebelrostbraten ganz zu schweigen!

Meist wird die Zwiebel in kleine Stücke oder Ringe geschnitten und dann gekocht oder gebraten. Roh ist sie zwar mit Vorsicht, aber schon auch zu genießen. Wobei die Brutalität der rohen Zwiebel besonders gut mit ähnlich primitiven Fleischgerichten harmoniert: Als Beilage zu Cevapcici oder Beef Tatar etwa macht sie sich sehr gut, ein Bosna hat ohne gehackte rohe Zwiebel keinen Sinn, und eine Saure Wurst wäre ohne rohe Zwiebelringe nicht lebensfähig.

Einmal hat sich die Zwiebel sogar in die Weltliteratur eingeschrieben. In Henrik Ibsens märchenhaftem Drama „Peer Gynt“ vergleicht der Titelheld sich selbst mit einer Zwiebel; wie diese setze seine Persönlichkeit sich aus vielen verschiedenen Schichten zusammen. Während er das sagt, hat er eine Zwiebel in der Hand, von der er eine Schicht nach der anderen entfernt – um am Ende festzustellen, dass die Zwiebel gar keinen Kern hat, nur aus Hüllen besteht. Letztlich ist die Zwiebel so unergründlich wie du und ich. Vielleicht ist das ja der Grund dafür, dass uns nichts davon abhalten kann, dieses so schwierige Gemüse zu lieben.

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