Kralicek geht essen: Ausgesprochen gut, der Trzesniewski

Trześniewski-Brötchen sind Brötchen für Menschen, die belegte Brötchen eigentlich gar nicht mögen.
Wolfgang Kralicek

Wolfgang Kralicek

Dass es den Trześniewski schon sehr lange gibt, kann man an seinem Namen ablesen. Wäre der aus Krakau stammende Franciszek Trześniewski nicht schon 1902, sondern erst heute auf die Idee gekommen, in Wien einen Imbiss zu eröffnen, dann hieße der bestimmt nicht Trześniewski. Die Marketingexpertin seines Vertrauens, der Start-up-Berater in der Wirtschaftskammer oder irgendein anderer Auskenner hätte dem Jungunternehmer Trześniewski garantiert erklärt, dass ein Name, den bei uns niemand unfallfrei aussprechen kann, für eine Firma ungeeignet ist. Damals aber hat man sich über so etwas Unwichtiges keine Gedanken gemacht. Die Brötchen von dem Polen in der Dorotheergasse waren köstlich, also sind die Leute hingegangen.

Das Einzige, was das moderne Marketing in der Zwischenzeit durchsetzen konnte, ist der (sehr gelungene) Slogan „Die unaussprechlich guten Brötchen“. Heißen aber tut der Trześniewski noch immer so wie vor 121 Jahren, er ist eine Wiener Institution, legendär wie der Demel und populär wie die Aïda. Die meisten der derzeit sechsundzwanzig verschiedenen Brötchensorten sind seit Jahrzehnten unverändert im Sortiment. Dass die Mehrzahl vegetarisch ist, widerspricht dem Klischee, wonach sich die Wiener ausschließlich von Fleisch ernähren. Sogar vegane Varianten werden inzwischen angeboten – das sind dann allerdings keine Trzesniewski-Klassiker, so ehrlich muss man sein. Eine zentrale Zutat des Trześniewski-Brötchens ist nämlich das Ei – siehe „Pikantes Ei“, „Gurke mit Ei“, „Zwiebel mit Ei“ oder, besonders raffiniert, „Ei mit Ei“.

Die einzelnen Rezepturen sind selbstverständlich streng geheim, aber das Erfolgsrezept des Trześniewski-Brötchens besteht ja ganz wesentlich schon in der Konsistenz des Aufstrichs. Für diesen wird der Belag von belegten Brötchen bis zur Unkenntlichkeit gehäckselt. Das Modell „Salami“ etwa sieht nicht nur anders aus als herkömmliche Salami-Brötchen, es fühlt sich beim Essen auch anders an – was sich natürlich auf das Geschmackserlebnis auswirkt. Der Effekt: Trześniewski-Brötchen sind Brötchen für Menschen, die belegte Brötchen eigentlich gar nicht mögen.

Man spricht den unaussprechlichen Namen übrigens so aus: „Tschäsnjewski“. Geht doch.

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