Johannas Fest: Ohrenbetäubende Stille der Osterruhe

Am Karsamstag-Morgen lassen es die Korfioten so richtig krachen: Aus den Fenstern und von den Balkonen fliegen alte Tongefäße auf die pittoresken Straßen und Gassen.
Johanna Zugmann

Johanna Zugmann

Eines der schönsten Osterfeste, die ich je erlebt habe, war vor mehreren Jahren auf der Insel Korfu. In der Osternacht von Samstag auf Sonntag gehen die Bewohner mit geschmückten Kerzen in die Kirche. Der Pope verkündet Punkt Mitternacht „Christos Anesti“ (Christus ist auferstanden) und die Gemeinde jubelt „Alithos Anesti“ (er ist wahrhaftig auferstanden). Am Karsamstag-Morgen lassen es die Korfioten so richtig krachen: Aus den Fenstern und von den Balkonen fliegen alte Tongefäße auf die pittoresken Straßen und Gassen. Mit dem Scherbenhaufen soll dem Winter der Garaus gemacht, der Frühling willkommen geheißen und Platz für Neues geschaffen werden. Am Sonntag wird mittags im Freien gegrillt: vorzugsweise Lamm, Ziege oder Schaf. Es wird nicht nur gegessen, sondern auch getrunken und getanzt. – Lebensfreude pur! Ungeachtet unserer derzeit so kreativ als „Osterruhe“ bezeichneten Lage bestellte mein Feinschmecker-Mann heuer – wie auch schon im Vorjahr – wieder ein ganzes Milchlamm beim Schafbauern seines Vertrauens.

Seit ich auf Korfu war, gehört Lamm zu meiner kulinarischen Ostertradition. Aus den Innereien bereite ich ein kleines feines Beuschel zu. Die Keftedes, griechische Fleischbällchen, die ich aus dem Faschierten mit Kreuzkümmel, Zimt und Minze mache, finden in Normalzeiten reißenden Absatz und schaffen so gut wie nie den Weg auf den Festtagstisch, weil sie schon in der Küche verdrückt werden. Das Hirn und die Koteletts paniere und backe ich. Die Schulter mit Trockenpflaumen und Mandeln lasse ich nach einem Rezept des Kultkochs Yotam Ottolenghi fünf Stunden bei 150 Grad im Backrohr schmoren.

Natürlich ist die Menüplanung heuer wie schon 2020 völlig überdimensioniert: Schließlich müssen wir das große Familienfest ja wieder ohne die in einem anderen Haushalt lebenden Verwandten zelebrieren; die so beglückende lange Tafel fällt ins „Gelockdowne“, wie der oberste Verantwortliche der KURIER Reise-Genuss-Beilage den Ausnahmezustand nennt.

Therapeutisches Kochen

Warum ich trotzdem so aufkoche, wenn doch kein Besuch zu erwarten ist? Weil es gut gegen den C-Blues ist. Da bin ich ganz bei Ottolenghi: „Kochen ist eine physische Aktivität, in der man aufgeht wie beim Töpfern oder Stricken. Wenn Sie sich körperlich betätigen und dabei konzentrieren müssen, können Sie Ihre Gedanken loslassen und alle Sorgen vergessen.“, verriet der Kochbücher- Starautor vergangenes Jahr in einem Interview der deutschen Wochenzeitung Die Zeit.

Im Ausnahmezustand sollten sich die Menschen so viel Normalität wie möglich bewahren. Und Kochen und seinen Nächsten eine Mahlzeit aufzutischen, seien Zeichen der Normalität.

Trotz der verordneten Kontaktaskese werden meine Osterspeisen „unters Volk“ kommen: Wir machen eine Art privates „Take away“ und teilen die Lamm-Köstlichkeiten mit ein paar befreundeten Genießern, die quasi ums Eck wohnen.

Und für den Fall, dass die Stille der Osterruhe ohrenbetäubend wird, habe ich auch vorgesorgt: Am Fenster zu unserem Innenhof steht altes Geschirr bereit, das auf willhaben nicht einmal unter der Rubrik „zu verschenken“ anzubringen ist.

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