Johannas Fest: Gekommen, um zu bleiben

Die Rendite unserer Gastfreundschaft schlägt sich nicht am Bankkonto, sondern im Herzen nieder.
Johanna Zugmann

Johanna Zugmann

Vergangenes Wochenende hätten wir schon fast eingestimmt in den Tenor unserer Freunde: Viele, die uns anriefen, klagten über die Decke, die ihnen jetzt auf den Kopf falle. „Und genug ist genug!“, protestierten die meisten. Dann schickte uns der Himmel Gäste. Stammgäste, die fast jedes Jahr bei uns einkehren. Sie kommen teilweise von sehr weit aus dem Süden – bis zu 12.000 Flugkilometer – her, passieren ungehindert alle Ländergrenzen und müssen auch keine Gesundheitsatteste vorweisen. Vernaderer aufgepasst: Sie logieren bei uns gleich monatelang. Für das Sommerquartier unter unserem Dach zahlen sie keinen Cent und machen überdies noch jede Menge Dreck. Die Rendite unserer Gastfreundschaft schlägt sich nicht am Bankkonto, sondern im Herzen nieder: Unsere Untermieter sind nämlich nicht nur sehr elegante und ausdauernde Flieger, sondern auch wahre Gesangskünstler: Die Rede ist von den Schwalben, die uns Zeit ihres Aufenthalts morgens und abends mit einem Konzert erfreuen und überdies als Glücksbringer gelten.

„Zwei Schwalbenarten – die Rauchschwalbe und die Mehlschwalbe – sind bei uns heimisch“, weiß Richard Zink von der Vogelwarte der Vetmeduni in Seebarn am Wagram. „Während die Mehlschwalbe an Außenwänden von Häusern kugelförmige Nester mit ganz kleinen Öffnungen baut, nistet sich die Rauchschwalbe meist in Stallungen und Neben- gebäuden in halbkugelförmigen Behausungen ein“, erklärt der promovierte Biologe mit Schwerpunkt Ornithologie.

Leider gibt es ja kein Übersetzungsprogramm Schwalbisch – Deutsch, aber Zink hat doch ein paar Interpretationen bereit, was die melodische Kommunikation der Glücksbringer betrifft: „Zu Beginn der Saison ist es extrem wichtig, dass man sich mit seinem Partner gut versteht. Da muss man ihn schon sehr betröten und bezwitschern.“

Manchem Vogel sei der Partner auch beim Flug ins Sommerquartier abhandengekommen. Da gelte es dann, ihn durch Kommunikation wiederzufinden oder einen Neuen anzuziehen.

Richtig laut kann es auch werden, wenn sich andere Vögel, wie etwa der Hausrotschwanz, der schon zwei bis drei Wochen früher aus dem Süden anreist, im angestammten Nest breitmachen wollen.

Standorttreue

Ob es immer dieselben Schwalben sind, die zum Nest aus dem Vorjahr zurückkehren? Laut Zink können die zierlichen Singvögel schon ein paar Jahre alt werden und es sei denkbar, dass sie zumindest an denselben Ort, der sich im Vorjahr als gastlich erwiesen habe, wiederkehren. Das hinge zum einen damit zusammen, dass ihre Nester bestehen blieben und sie ein gutes Nahrungsangebot an Insekten vorfänden. Schwalben ernähren sich übrigens zu einem guten Teil von den geflügelten Blattläusen und sind somit auch nützlich.

Die Lebensgrundlagen der Schwalben sind inzwischen so stark eingeschränkt, dass ihre Existenz als bedroht gilt. Dass die Schwalben immer weniger werden, habe mehrere Gründe. Die Hauseigentümer wollen den Dreck der Mehlschwalben nicht, die Bauern wollen aus hygienischen Gründen keine Rauchschwalben im Stall. Laut Schätzungen der internationalen Naturschutzorganisation Birdlife sterben in Europa zwanzig bis fünfundzwanzig Millionen Vögel durch die illegale Jagd. Um den Bestand in Österreich besser beobachten zu können, bitten die Tierschützer um Meldungen von Schwalbennestern unter wildenachbarn.at

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