Johannas Fest: Feiern mit Pomp und Granaten

Das Prestige der Gastgeber steigt nicht nur mit der Anzahl der Gäste, sondern auch mit deren gesellschaftlichem Rang.
Johanna Zugmann

Johanna Zugmann

Für den griechischen Philosophen Sokrates (469 bis 399 v. Chr.) galt Gastfreundschaft nicht nur als eine der wichtigsten Pflichten eines reichen Mannes, sondern er wusste auch um das soziale Status-Motiv des Gastgebers und die positive imagebildende Wirkung von Einladungen: „Auf die an erster Stelle stehenden reichlichen Opfer für die Götter folgt sogleich die splendide Gastfreundschaft für viele Gäste. Das Ansehen, das ein Mann in der Öffentlichkeit genießt, hängt nicht zuletzt ab von der Zahl seiner Gastfreunde. Durch sie dringt sein Ruf über die Grenzen seiner Heimatstadt hinaus in die ganze Welt, überall dorthin, woher seine Besucher kommen.“

Seit Mittwoch läuft im Wiener Museum für angewandte Kunst (MAK) eine Ausstellung zum Thema „Das Fest. Zwischen Repräsentation und Aufruhr“. Das Haus am Ring will in einem vielgestaltigen, opulenten Parcours, Kulturen und Geschichten des Feierns – quer durch die Jahrhunderte – anschaulich und erlebbar darstellen. Abgebildet wird der Gestaltungsreichtum von Festen zu unterschiedlichsten Anlässen und quer durch Zeit und gesellschaftliche Entwicklung.

Die Ausstellungsmacher haben den Bogen gespannt von mondänen Maskenbällen, über politische Feiern und subversive Künstlerfeste bis zu zeitgenössischen Clubveranstaltungen: Was all diese so unterschiedlichen Events, wie es heute neudeutsch heißt, vereint, ist der gestalterische Wille hinter den Festlichkeiten.

Artefakte

Ausgestellt ist zum Beispiel auch eine Rarität, wie das vom K.-u.-K.-Juwelier Köchert gefertigte Armband aus Champagnerkorken. Ein Statement-Schmuckstück sozusagen, der gleichermaßen Zeugnis abgibt über Dekadenz, Glamour, Selbstdarstellung und Prasserei. Zu sehen sind auch Erinnerungsbücher, Einladungskarten und Plakate, die Geschichten von geselligen Abenden in illustren Runden erzählen. Die ausgestellten Champagnergläser, Luster, Scherzgefäße, Tafelaufsätze, Juwelen, Kostümentwürfe, Roben und Maskeraden geben eine Vorstellung davon, mit wie viel Aufwand, Fantasie und materiellem Einsatz Feste geplant und durchgeführt wurden.

„Seit jeher haben KünstlerInnen, ArchitektInnen und DesignerInnen in allen Praxisfeldern Feste geplant, entworfen und umgesetzt und mit ihren Beiträgen und Initiativen Bedürfnisse nach Pracht, Raffinesse, Differenzierung, Subversion und Propaganda realisiert – und sie haben nicht selten mitgefeiert. Künstlerfeste und ihre Relikte sind ein wesentlicher Bestandteil der Ausstellung“, heißt es im Text des Veranstalters.

Eine praktische Übung beziehungsweise ein Anschauungs- und Mitmach-Beispiel steht im April kommenden Jahres auf dem Programm. Dabei wird persönlich erlebbar, was auch schon Sokrates wusste: Das Prestige der Gastgeber steigt nicht nur mit der Anzahl der Gäste, sondern auch mit deren gesellschaftlichem Rang. Witzige, einfallsreiche, mächtige, berühmte oder einfach nur schöne Gäste kann man sich schließlich kaum kaufen, außer man heißt Richard Lugner.

Was man vom Besuch der Ausstellung jedenfalls mitnehmen kann, ist jede Menge Inspiration für die anstehenden Feste von Weihnachten, über Silvester bis hin zum närrischen Gschnas. Darüber hinaus lohnt sich für Last-Minute-Geschenke ein Besuch im Museumsshop, wo man auch am heutigen Sonntag Außergewöhnliches für besondere Menschen erwerben kann.

Museum für angewandte Kunst

Stubenring 5, 1010 Wie; mak.at, Di. 10–21 Uhr, Mi. bis So. 10–18 Uhr

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